Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) startet einen zweiten Versuch, medizinisches Cannabis für den deutschen Markt auszuschreiben. 10,4 Tonnen will die Behörde in Deutschland anbauen lassen – fast vier Tonnen mehr als bei der letzten Ausschreibung. Die war im März vom Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) gestoppt worden.
Bis zu 13 Firmen könnten zum Zuge kommen: So viele Lose zu je 200 Kilogramm Jahresmenge werden für einen Zeitraum von vier Jahren ausgeschrieben. Für maximal fünf Lose kann ein Bieter einen Zuschlag erhalten – das BfArM sieht vor, mit mindestens drei Unternehmen jeweils einen Vertrag über Anbau, Ernte, Weiterverarbeitung und Lieferung abzuschließen.
Gebote können bis zum 22. Oktober eingereicht werden. In der ersten Jahreshälfte 2019 solle feststehen, an wen die Zuschläge erteilt werden. Verläuft die Ausschreibung dieses mal erfolgreich, so könnte in Deutschland angebautes Cannabis ab 2020 zur Verfügung stehen.
Ausführend ist dabei die sogenannte Cannabisagentur des BfArM, die die Blüten und Zubereitungen ankauft, in Besitz nimmt und einen Herstellerabgabepreis festlegt, um das Cannabis an Arzneimittelhersteller, Großhändler und Apotheken zu verkaufen. Außerdem soll sie die Abgabe in den Apotheken überwachen. Der tatsächliche Abgabepreis in der Apotheke unterliegt jedoch der Arzneimittelpreisverordnung und kann vom BfArM nicht beeinflusst werden.
Bereits bei der letzten Ausschreibung kritisierten Branchenkenner, die geplante Menge sei viel zu gering. Es gebe bereits etwa 15.000 Patienten. Falls jeder von ihnen nur ein Gramm Cannabis pro Tag konsumiere, würden die 6,6 Tonnen kaum für ein Quartal ausreichen. Daran dürfte auch die Erhöhung auf 10,4 Tonnen nicht allzu viel ändern. Potenziell könnten sogar mindestens 300.000 Menschen von legalem Cannabis profitieren, sagte ein Verfahrensbeobachter, der namentlich nicht genannt werden wollte.
Bei der ersten Ausschreibung hatten sich 118 Bieter und Bietergemeinschaften beworben, bevor das OLG Düsseldorf sie stoppte. Ein bietendes Unternehmen machte geltend, dass nach einer Änderung der Vorgaben die verbleibende Frist nicht ausgereicht habe, um den Antrag anzupassen. Dem schloss sich da OLG an. Drei weitere Beschwerden verschiedener Unternehmen gegen andere Aspekte des Vergabeverfahrens lehnte das Gericht hingegen ab.
Bisher wird medizinisches Cannabis aus dem Ausland importiert, insbesondere aus den Niederlanden und Kanada. Auch bei der jetzigen Ausschreibung werden es deutsche Firmen wohl nicht leicht haben, sich gegen europäische Konkurrenten zu behaupten. Denn Behörden stellen hohe Anforderungen an die technische und berufliche Leistungsfähigkeit des Unternehmen – das OLG bestätigte, dass im Inland ansässige Unternehmen nicht über die geforderte Erfahrung in Anbau, Verarbeitung und Lieferung von medizinischem Cannabis verfügen, weil diese Tätigkeit bis vor Kurzem gesetzeswidrig war.
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