Schwenninger-BKK

Kassenchef: Richter stoppen Gehaltsplus Lothar Klein, 05.07.2017 13:26 Uhr

Berlin - 

Einen gehörigen Schluck aus der Pulle wollte sich der Chef der Betriebskrankenkasse „Die Schwenninger“, Siegfried Gänsler, genehmigen. Um ein sattes Drittel sollten seine Vorstandsbezüge auf 217.252 Euro im Jahr steigen. Davon können normale Arbeitnehmer nur träumen. Doch das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg schritt ein und untersagte das „üppige“ Gehaltsplus.

Im Vergleich mit den Vorstands-Vergütungen anderer Krankenkassen vergleichbarer Größe sei das verlangte Gehaltsplus unangemessen hoch. „Im Vergleich zu üppig“, erklärte ein Gerichtssprecher. Geklagt hatte die Krankenkasse, nachdem zuvor auch das Bundesversicherungsamt (BVA) dem Gehaltsplus für den Chef die Zustimmung verweigert hatte. Die Kasse hat bundesweit 330.000 Mitglieder.

Aus Sicht der Schwenninger geht es in der Auseinandersetzung aber nicht um einen raffgierigen Kassenchef. Die Schwenninger hatte zuvor mit anderen rund 50 Kassen ein Gutachten zur angemessenen Höhe der Vorstandsvergütung fertigen lassen. Denn der Gesetzgeber hat dazu keine Vorgaben gemacht. Jetzt wollte man das gerichtlich klären lassen. Ob die Schwenninger gegen das LSG-Urteil Einspruch einlegen wird, steht noch nicht fest. Erst müssten die Urteilsgründe abgewartet werden, so ein Sprecher der BKK.

Zur Grundversorgung sollte Gänsler diverse Zusatzvergütungen inklusive Dienstwagen oder Zielerreichungsprämien bekommen. Das Gehalt müsse sich an der Privatwirtschaft orientieren, argumentierte die BKK. Das Gericht stellte dagegen, dass das beitragsfinanzierte System der gesetzlichen Krankenversicherung auf dem Solidarprinzip beruhe. Vergleichbare Vorstände bekämen knapp 160.000 Euro im Jahr.

Auch Gänsler erhielt 2016 eine Jahresvergütung von rund 160.000 plus Dienstwagen. Die BKK beschäftigt nach eigenen Angaben 800 Mitarbeiter und zählt zu den 20 größten bundesweit geöffneten Krankenkassen. Im Lager der Betriebskrankenkassen orientiert sich die Höhe der Vorstandsvergütung hauptsächlich an der Größe der Kassen gemessen an der Versichertenzahl.

Deswegen ist das Gehaltsniveau ebenso heterogen wie die Zahl der Versicherten der einzelnen Kassen. Der Vorstand der mhplus BKK mit 550.000 Versicherten, Winfried Baumgärtner, fuhr 2015 zusätzlich zum Grundgehalt von 178.524 Euro eine Zulage von 58.850 Euro ein. Beim Primus im Segment der BKKen, der Deutschen BKK, wurde im selben Jahr für Vorstandschef Achim Kolanoski ein Fixum von knapp 191.000 sowie 30.000 Euro Zulage ausgewiesen. Der Chef der Thüringer BKK musste sich hingegen mit 88.000 Euro begnügen. Noch weniger erhielt 2015 mit 83.700 Euro nur der Chef der BKK Stadt Augsburg.

Jedes Jahr müssen die Krankenkassen im Bundesanzeiger die Gehälter ihrer Vorstände veröffentlichen. Die Pflichtveröffentlichung geht Ex-Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zurück. Danach greifen die beiden größten Kassen, TK und Barmer, für ihre Chefs am tiefsten in die Tasche. Übertroffen werden die beiden nur noch von einem Ärztefunktionär.

Der bestbezahlte Kassenchef war 2016 Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), mit einem Jahressalär von 314.560 Euro. Verglichen mit 2015 erhielt er ein Plus von 9162 Euro. Barmer-Chef Dr. Christoph Straub erhielt für seine Arbeit 2016 ein Jahressalär von 280.434 Euro (2015: 272.266 Euro).

Doch auch die beiden Vizes der Kassen können sich nicht beklagen. Baas' Stellvertreter Thomas Ballast bezog 2016 ebenfalls ein ansehnliches Gehalt: 274.351 Euro jährlich (2015: 267.555 Euro). Über 257.999 Euro Jahresgehalt freute sich der stellvertretende Barmer-Vorstandsvorsitzende Jürgen Rothmaier. Dr. Mani Rafii, Mitglied des Vorstandes, bekam 250.484 Euro.

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Professor Dr. Herbert Rebscher, kassierte 264.829 Euro. Zum Jahreswechsel hat Andreas Storm den Chefsessel in Hamburg übernommen.

Als Vorstandsvorsitzender der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) bezog Ingo Kailuweit 225.464 Euro, die Handelskrankenkasse (hkk) entlohnt ihren Alleinvorstand mit 204.200 Euro, die Hanseatische Krankenkasse (HEK) Hamburg bezahlt 190.941 Euro im Jahr. Der bestbezahlte Vorstand im Gesundheitsbereich ist aber Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Sein Jahresverdienst: 344.261 Euro. Über das Jahr gerechnet ergibt sich für Gassen ein erfreuliches Plus von 8068 Euro – im Jahr 2015 waren es 336.192 Euro Jahresgehalt. Damit stieß er TK-Chef Baas vom Thron.

Gassen geht zudem einer genehmigten Nebentätigkeit nach, einen Tag in der Woche arbeitet er in einer Arztpraxis. Erst dahinter liegt die Chefin des GKV-Spitzenverbandes, Dr. Doris Pfeiffer. Sie verdiente 2016 insgesamt 247.500 Euro (2015: 245.000 Euro).

Zum Gehaltsvergleich ein paar Politikergehälter: Die Amtsbezüge von Bundeskanzlerin Angela Merkel liegen seit Februar 2017 bei 19.797 Euro pro Monat inklusive Ortszuschlag und Dienstaufwandsentschädigung. Für ihre Kabinettsmitglieder gilt: Ein Bundesminister (verheiratet, ohne berücksichtigungsfähige Kinder, Ehegatte nicht im öffentlichen Dienst) erhält derzeit 15.280 Euro. Parlamentarische Staatssekretäre verdienen 11.740 Euro monatlich.