Das Betriebsergebnis der Apotheken ist im vergangenen Jahr auf 5,1 Prozent gesunken. Das ist nach Zahlen des Deutschen Apothekerverbands (DAV) ein Rückgang um rund 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (6,9 Prozent) und ein neuer Tiefstwert. Eine Veränderung um 1,8 Prozentpunkte habe man noch nie gesehen.
Claudia Korf, Geschäftsführerin Ökonomie der Abda, nahm bei der Vorstellung der Wirtschaftszahlen im Rahmen des DAV-Wirtschaftsforums zunächst Bezug auf die weiter sinkende Apothekenzahl. Im ersten Quartal ist der Wert erstmals seit 40 Jahren unter 18.000 gefallen. Ein Verlust von weiteren 129 allein im ersten Quartal, entspreche in anderen Jahren dem Rückgang des gesamten Jahres: „Das kann so nicht mehr weitergehen, das kann man auch nicht schönreden“, so Korf.
Dr. Eckart Bauer, Abteilungsleiter Wirtschaft und Soziales der Abda, präsentierte weitere Details zum Rückgang der Ergebnisse auf Grundlage des Treuhand-Datenpanels der Abda, in dem 2400 tatsächliche Betriebsergebnisse aufgearbeitet sind.
Demnach lag das Betriebsergebnis einer durchschnittlichen Apotheke 2022 bei 162.890 Euro, nach 210.977 Euro im Vorjahr und 165.694 Euro im Jahr 2020. Korrigiert um den Verbraucherpreisindex liege der Wert aber bei 113.024 Euro – und damit auf dem Niveau von 2003 und 2015.
Mit den Durchschnittswerten muss man bei den Apotheken aber ohnehin vorsichtig sein: Der Umsatz einer durchschnittlichen Apotheke liege inzwischen bei 3,225 Millionen Euro. 62 Prozent der Apotheken seien allerdings unter diesem Durchschnittswert, der von einigen wenigen sehr umsatzstarken Apotheken nach oben gezogen wird. Die häufigste vertretene Umsatzklasse ist zwischen 2,25 und 2,5 Millionen Euro.
Den Umsatzanstieg insgesamt erklärte Bauer mit Preissteigerungen und dem Apothekensterben. Das Geschäft verteile sich dann auf weniger Apotheken. Und: „Die Apotheken, die überdurchschnittlich oft schließen, sind unterdurchschnittlich groß.“ Anders ausgedrückt: Es verschwinden vor allem kleine Apotheken.
Die Personalkosten sind laut Abda um 11 Prozent auf 590 Millionen Euro gestiegen. Die Inhaber:innen hätten dabei laut Korf noch Glück gehabt, dass der letzte Tarifvertrag für zwei Jahre abgeschlossen worden sei. Denn sonst wären sie wohl in diesem Jahr mit einer Steigerung von 3 Prozent nicht durchgekommen. In diesem Jahr sei daher eine weitere Belastung von 180 Millionen Euro zu erwarten. Die zusätzlichen Kosten für die Inflation veranschlagte Korf auf 7 Prozent oder 270 Millionen Euro, den erhöhten Kassenabschlag mit 115 Millionen Euro.
Im OTC-Segment konnten die Apotheken 2022 zulegen und den Absatz auf 1,4 Millionen Packungen steigern. Das seien Nachholeffekte nach der Pandemie, so Korf, die auch eine erfreuliche Botschaft hatte: „Die öffentliche Apotheke hat Marktanteile zurückgewonnen gegenüber dem Versandhandel im OTC-Geschäft.“ So sei der Absatz um 15,3 Prozent von 529 auf 610 Millionen Packungen gestiegen. Der Versandhandel sei dagegen eingebrochen und habe sich nur schwach erholt. Das sei aber kein Automatismus, vor allem, wenn 2024 das E-Rezept verbindlich eingeführt werde.
Der Wareneinsatzquote lag 2022 bei 78,4 Prozent (2021: 76,8 Prozent), der Personalkostenanteil ist auf 10,3 Prozent gestiegen. Die Tarifverträge bedeuteten eine neue Kostendynamik für die Apotheken. Allein für das laufende Jahr erwartet Bauer eine Mehrbelastung von 10.000 Euro durch höhere Löhne, zusätzliche zu den schon 30.000 Euro im vergangenen Jahr.
Nach dem Wegfall der Pandemiesondererlöse zeichnete er ein eher düsteres Bild für die Zukunft: Die Schließungen gingen leider weiter. Die Nachholeffekte, besonders im Bereich der Umsätze mit Medikamenten gegen Infektionskrankheiten, würden abflachen. Angesichts des Aufwands mit den Lieferengpässen sei die Vergütung pro abgegebener Packung de facto gesunken.
Bauer erwartet zudem eine weitere Verschlechterung der Einkaufskonditionen. „Der Kostendruck des pharmazeutischen Großhandels wird an die Apotheken weitergegeben.“ Die Lieferengpässe stünden zudem einer Optimierung des Einkaufs entgegen.
Und nicht zuletzt die Erhöhung des Kassenabschlags würden die Apotheken durchschnittlich mit 6000 Euro belastet. All das werde kleinere Apotheken stärker betreffen: „Es gibt keinen Grund für eine positive Prognose, dass die Schließungen von kleinen Apotheken abnehmen werden.“ Das werde zu einem Versorgungsproblem in Gebieten führen, in denen die Versorgung gerade von kleinen Apotheken gewährleistet würden. Ursprünglich habe er gehofft, dass die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) wirtschaftlich einen Faktor spielen würden. Das sei aber leider nicht der Fall.
Korf wies auf einen weiteren Effekt des Apothekensterbens hin. Der Rückgang mache sich auch bei den Inhaber:innen bemerkbar: 2022 gab es nur noch 13.980 Leiter:innen, 6655 weniger als im Vorjahr. Auf der anderen Seite gibt es 13.840 mehr Angestellte, insgesamt 39.481. Immer größere Teams in immer weniger Apotheken. Von insgesamt 69.625 in Deutschland tätigen Apotheker:innen sind 53.461 in der öffentlichen Apotheke tätig.
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