Pharmaziestudent und Politaktivist Benedikt Bühler erhält weiterhin gemischte Reaktionen für seine Petition. Die Apothekerkammer Berlin erkennt sein Engagement an, mahnt aber, nicht mehr zu viel Energie auf das Thema Rx-Versandverbot zu verwenden. Es sei nämlich erst dann wieder politisch umsetzbar, wenn die Versender zu stark werden oder sich nicht mehr an den Rahmenvertrag halten, so die Kammer.
Das Rx-Versandverbot könne „politisch erst dann wieder in Deutschland eine Option werden, wenn es als ‚einschränkende Maßnahme‘ auch europarechtlich wohl begründet werden kann“, so die Berliner Kammer. Am Vortag hatte Bühler seine Petition vor dem Bundesgesundheitsministerium symbolisch an Thomas Müller übergeben, den Leiter der Abteilung Arzneimittel und Medizinprodukte. Rund 400.000 Unterschriften konnte der Pharmaziestudent mit Unterstützung von Noweda und Fiebig für sein Anliegen sammeln.
Aus Sicht der Berliner Apothekerkammer reitet er damit jedoch ein totes Pferd. Tatsächlich sind politische Mehrheiten für ein erneutes Aufgreifen des Themas durch die Bundespolitik momentan kaum absehbar. Ändern würde sich das laut Berliner Kammer erst, wenn es trotz der jetzt vorgesehenen Gesetzesregelung zu größeren Marktverschiebungen hin zu ausländischen Versandapotheken kommen sollte oder sich diese nicht an die Regelungen des Rahmenvertrages halten würden. „In diesem Falle wäre die Bundesregierung quasi gezwungen, zur Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung weitergehende Maßnahmen wie ein Versandhandelsverbot für Rx-Arzneimittel zu ergreifen, das dann auch eher eine Chance auf Zustimmung innerhalb der derzeitigen Koalition sowie im Rahmen eines (langwierigen) EU-Notifizierungsverfahrens hätte“, so die Kammer.
Dass die Apotheken vor Ort weiterhin Kernbestandteil des Gesundheitswesens bleiben, will die Kammer selbstverständlich. Doch dazu sei es zielführender, „die verbleibende Zeit und Energie dafür einzusetzen, das derzeitige Gesetzgebungsverfahren möglichst konstruktiv zu begleiten“. Damit meint die Kammer vor allem eine Beteiligung an der Debatte um die Definition und Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen. Sie halte es stattdessen für erforderlich, „den pharmazeutischen Aufgabenbereich der Apotheken weiter zu entwickeln und möglichst viele Apotheken in die Lage zu versetzen, vorgesehene pharmazeutische Dienstleistungen erfolgreich anbieten und die erweiterten Möglichkeiten des Botendienstes oder der Telepharmazie nutzen zu können“.
Dabei kritisiert die Kammer aber auch offen die ABDA. Die müsse „endlich die Diskussion über entsprechende mögliche Angebote“ eröffnen, „gemeinsam Forderungen für die zur erfolgreichen Umsetzung notwendigen Maßnahmen einschließlich der dafür benötigten zeitlichen, personellen und finanziellen Ressourcen aufstellen können“. Die Grundlage für die Umsetzung neuer, honorierter pharmazeutischer Dienstleistungen könnten jedoch nur durch die Schaffung ausreichender Freiräume im Apothekenalltag erreicht werden.
Die ABDA hatte – wie schon zuvor bei der Petition des fränkischen Apothekers Christian Redmann – Abstand zu Bühlers Petition gehalten. Denn anders als Stellungnahmen, Veranstaltungen und Gespräche gehören Petitionen nicht zur politischen Verbandsarbeit, so die Begründung. Auch ohne Teilnahme an Petitionen wurde sie jedoch die vergangenen zwei Jahre dafür kritisiert, sich zu sehr auf die Forderung nach einem Rx-Versandverbot konzentriert zu haben.
An der Basis hat die Forderung nach wie vor viele Unterstützer, bei den Kammern und Verbänden hat sich das Thema aber zugunsten der Gleichpreisigkeit erschöpft, nur vereinzelt wird die Forderung noch institutionell gestellt, beispielsweise in einer Resolution der Apothekerkammer Nordrhein. Im 106 Seiten starken Antragsheft für den Deutschen Apothekertag hingegen findet sich kein einziger Antrag mehr, der sich mit dem RxVV befasst.
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