Arzneimittel-Ausgaben

Berliner Ärzte verschreiben viel dpa, 30.06.2010 18:36 Uhr

Berlin - 

In Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden Medikamente am großzügigsten verschrieben. In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern verordnen Ärzte dagegen - gemessen an den Vorgaben - deutlich zurückhaltender. Dies geht aus dem Arzneimittel-Atlas 2010 hervor.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr Arzneimittel im Wert von knapp 30,3 Millionen Euro verschrieben, das sind 1,5 Milliarden Euro oder 5,2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das mit den Krankenkassen vereinbarte Ausgabensoll wurde um 4,1 Milliarden Euro oder 13,8 Prozent überschritten.

Das Berliner IGES-Institut hatte die Daten im Auftrag des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) errechnet. Danach überschritten die Ausgaben für verordnete Arzneien den vereinbarten Wert in Berlin um 23,8 Prozent. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein waren es 20,8 und 20,6 Prozent.

Die von Kassen und Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbarten Ausgabenobergrenzen wurden nach dem Arzneimittel-Atlas in keiner einzigen Region eingehalten. In Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sollen die Ärzte pro Versichertem jährlich bis zu 122 Euro einsparen. Von den Ärzten in Nordrhein, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern erwartet man mit 40 Euro die wenigsten Einsparungen.

Im gesamten Bundesgebiet lagen die Pro-Kopf-Umsätze für auf Kassenkosten verschriebene Arzneimittel im Mittel bei 443 Euro. Das waren 4,9 Prozent mehr als 2008. Wie in den Vorjahren lagen die Pro-Kopf-Ausgaben in den ostdeutschen Ländern höher als im Westen. So bezahlten die Kassen je Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern den Spitzenwert von 529 Euro. Das waren 131 Euro mehr als in Schleswig-Holstein, dem Schlusslicht dieser Tabelle. Bayern und Hessen zählten ebenfalls zu den Regionen mit dem geringsten Pro-Kopf-Umsatz. In dem an zweiter Stelle platzierten Berlin lag der Wert bei 525 Euro.

Nach den Worten von IGES-Direktor Prof. Dr. Bertram Häussler sind die regionalen Vorgaben für die Soll-Ausgaben unrealistisch. Sie stünden in keinem Zusammenhang mit dem tatsächlichen Arzneimittelbedarf. So falle dabei auch die sogenannte „Umlandversorgung durch die Großstädte“ unter den Tisch. Dies zeige sich besonders deutlich in Berlin, wo die Vorgaben „ganz ungerecht“ seien. Die Ärzte hätten gleichwohl den Wirtschaftlichkeitsdruck nicht an die Patienten weitergegeben und ihre Verordnungen am medizinischen Bedarf orientiert. VFA-Chef Dr. Wolfgang Plischke forderte, die Richtgrößen zu überprüfen.