Berlin

Bürgermeister wettert gegen Apotheker

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Berlin -

Die medizinische Versorgung der nicht registrierten Flüchtlinge in Berlin verläuft weiterhin chaotisch. Die Lieferung von Arzneimitteln übernahm zuletzt das Klinikum Vivantes. Gegen dieses Vorgehen wurde nun allerdings Einspruch eingelegt. Der Bürgermeister von Berlin-Mitte, Dr. Christian Hanke, warf dem Apothekerverband mangelnde Flexibilität vor – zu Unrecht. Offenbar stand sich die Verwaltung selbst im Weg.

Das Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) war zwischenzeitlich bereits zum Inbegriff der überforderten Behörden geworden – damit geht es nun anscheinend weiter. Flüchtlinge warteten mitunter tagelang auf einen Termin zur Registrierung. Menschen, die noch nicht registriert sind, haben allerdings keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Viele ehrenamtliche Helfer übernehmen deshalb die Versorgung der wartenden Flüchtlinge mit Lebensmitteln, Kleidung und allem, was sonst benötigt wird. Ärzte kümmern sich in ihrer Freizeit um die medizinische Versorgung. Die Organisation übernahmen zunächst die Initiative „Moabit hilft“ und später das LaGeSo. Einige Apotheken in der näheren Umgebung spenden Arzneimittel.

Die Belieferung des LaGeSo-Geländes übernahm das Klinikum. „Dies hat auch geklappt“, so Hanke. Allerdings habe sich ein neues Problem aufgetan: „Der Apothekerverband hat Einspruch eingelegt, weil die ambulante Medikamentenversorgung nicht durch Krankenhäuser, sondern nach Gesetz über Apotheken zu erfolgen habe“, hieß es am Freitag in einer Pressemitteilung.

Vivantes dürfe also nicht mehr liefern. „Das ist nun wirklich nicht die Flexibilität, die die Bundeskanzlerin von uns fordert“, schimpfte Hanke – und dies sei „die freundliche Version der Beschreibung des Problems“.

Hanke nannte zwei Lösungsmöglichkeiten: Vivantes beauftrage eine öffentliche Apotheke, die die Medikamente ausliefere; oder das LaGeSo als Aufsicht erlaube eine Ausnahme. Das Wichtigste ist aus Sicht des Bürgermeisters: „Handeln, denn es gibt in Berlin zur Zeit keine vernünftige und verantwortliche medizinische Versorgung von nichtregistrierten Flüchtlingen.“

Später stellte sich jedoch heraus: Nicht der Apothekerverband, sondern die Apothekenaufsicht des LaGeSo selbst hatte gegen die Belieferung durch Vivantes Einspruch eingelegt. Das Ergebnis bleibt allerdings dasselbe: Vivantes darf nicht mehr liefern. Er bedauere, dass das LaGeSo nicht bereits im Vorfeld im eigenen Haus die rechtlichen Voraussetzungen geklärt habe, so Hanke in einer weiteren Mitteilung.

„Es darf nicht sein, dass interne Kommunikationsprobleme innerhalb der Behörde zu Lasten der Geflüchteten gehen und die problematische Lage weiter verschärfen“, so Hanke. Er forderte alle Beteiligten auf, schnellstmöglich eine Lösung zu finden.

Hanke betonte, es gehe um die humanitäre Versorgung der Geflüchteten und den gesundheitlichen Bevölkerungsschutz. „Ich habe nach wie vor den Eindruck, dass die gesundheitliche Versorgung vom zuständigen Senator absolut unterschätzt wird“, kritisiert der Bezirksbürgermeister. „Man hat aus der Masernepidemie des letzten Winters wenig gelernt und mindestens die Grippewelle wird kommen.“

Experten hatten zuletzt vor Versorgungsproblemen bei Grippeimpfstoffen gewarnt. „Die Verfügbarkeit ist die größte Herausforderung“, sagte Dr. Michael Pfleiderer vom für Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Bei den Standardimpfstoffen zur Grundimmunisierung gibt es bereits Engpässe, die sich durch die Flüchtlingskrise verschärfen könnten.

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