Berlin-Lichtenberg: Rekord bei Apothekenschließungen Lilith Teusch, 12.09.2024 10:54 Uhr
Dass das Apothekensterben keineswegs nur ein Problem des ländlichen Raums ist, zeigt ein Blick in die Hauptstadt. Seit 2014 haben in Berlin 145 Apotheken geschlossen: Gab es vor zehn Jahren noch 863 Apotheken, ist die Zahl Ende 2023 auf 718 Betriebe gesunken. Zwar mussten in allen zwölf Bezirken Apotheken schließen, aber einige sind stärker betroffen als andere. Besonders hart traf es den Großbezirk Lichtenberg, wo seit 2014 mehr als jede vierte Apotheke schließen musste. Das geht aus einer Anfrage des Abgeordneten Kristian Ronneburg (Linke) im Berliner Abgeordnetenhaus hervor.
Ende 2023 hat eine Apotheke in Berlin im Schnitt rund 5290 Einwohner versorgt. Im bundesweiten Vergleich liegt Berlin damit auf Platz 2. Nur in Bremen, wo eine Apotheke 5321 Einwohner versorgen muss, ist der Wert noch höher. Damit liegt die Hauptstadt deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 4819 Einwohnern je Apotheke.
Die Schließungen verteilen sich ungleichmäßig auf die Bezirke. Prozentual am stärksten betroffen ist Lichtenberg: Hier mussten seit 2014 exakt 26,2 Prozent der Apotheken schließen. Damit versorgte Ende letzten Jahres jede der verbliebenen 45 Apotheken rund 6800 Einwohner.
Die meisten Apotheken wurden in Charlottenburg-Wilmersdorf geschlossen, insgesamt 22 in diesem Zeitraum. Hier werden aber immer noch rund 3700 Einwohner pro Apotheke versorgt. Am wenigsten betroffen sind die Bezirke Spandau und Neukölln mit einem Rückgang von weniger als 10 Prozent seit 2014.
- Mitte: -19 Apotheken, 19 Prozent
- Friedrichshain-Kreuzberg: -13 Apotheken, 20,3 Prozent
- Pankow: -16 Apotheken, 19,3 Prozent
- Charlottenburg-Wilmersdorf: -22 Apotheken, 19,5 Prozent
- Spandau: -3 Apotheken, 6,4 Prozent
- Steglitz-Zehlendorf: -17 Apotheken, 22 Prozent
- Tempelhof-Schöneberg: -12 Apotheken, 12,9 Prozent
- Neukölln: -6 Apotheken, 9 Prozent
- Treptow-Köpenick: -9 Apotheken, 15,5 Prozent
- Marzahn-Hellersdorf: -6 Apotheken, 11,5 Prozent
- Lichtenberg: -16 Apotheken, 26,2 Prozent
- Reinickendorf: -6 Apotheken, 12,2 Prozent
Steigende Betriebskosten und Inflation
Konkrete Schließungsgründe wurden dem Senat allerdings nicht genannt. „Allgemein lässt sich jedoch vermuten, dass in erster Linie betriebswirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen dürften“, heißt es in der Antwort.
Der Senat weist darauf hin, dass das packungsbezogene Apothekenhonorar seit 2013 nicht erhöht und mit dem GKV-Stabilisierungsgesetz 2022 durch den erhöhten Kassenabschlag sogar für zwei Jahre faktisch gesenkt wurde. Gleichzeitig seien die Personal-, Energie- und sonstigen Betriebskosten deutlich gestiegen, die Inflation habe sich seit 2013 um rund 38 Prozent erhöht. Auch der Fachkräftemangel und Probleme bei der Einführung des E-Rezepts werden als mögliche Gründe genannt.
Verantwortung trägt der Bund
Bei der Frage, wie der Schließungswelle von Apotheken politisch begegnet werden soll, bleibt der Senat allerdings zurückhaltend. Die Eröffnung oder Schließung einer Apotheke sei eine unternehmerische Entscheidung des Inhabers, eine staatliche Steuerung gebe es in diesem Bereich nicht. Daher könne der Senat keine direkten Maßnahmen ergreifen, um das Marktgeschehen zu beeinflussen.
Auf politischer Ebene setzt sich der Senat nach eigenen Angaben zum Beispiel in der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) und im Bundesrat für eine Reform der bundeseinheitlichen Rahmenbedingungen für Apotheken ein, um durch eine angemessene Vergütung und verlässliche Rahmenbedingungen den Betrieb wirtschaftlich tragfähig zu machen. Darüber hinaus unterstütze Berlin die GMK-Beschlüsse dazu aus 2023 und 2024.
Auf die Frage, wie Berlin zum Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) stehe, wollte sich der Senat allerdings nicht äußern. Der Entwurf sei vorläufig und eine Bewertung der Auswirkungen daher noch nicht zielführend, sondern spekulativ.