Bericht: BMG lässt Apotheken durchsuchen Laura Schulz, 15.01.2024 10:40 Uhr
Wie das Recherchenetzwerk aus WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) herausgefunden hat, ließ das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bundesweit mehrere Apotheken durchsuchen. Auch Anzeigen wurden bereits erstattet. Der Vorwurf: Während der Corona-Pandemie sollen sie staatlich finanzierte Paxlovid-Packungen in großen Stückmengen abgenommen, diese jedoch dann selbst illegal weiterverkauft haben.
Paxlovid galt als der Gamechanger in der Covid-Behandlung. Nach einem Schnellstart in den USA Ende 2021, ging das Präparat von Pfizer im Februar 2022 auch in den deutschen pharmazeutischen Großhandel. Das antivirale Corona-Medikament (Nirmatrelvir/Ritonavir) wurde aber nur selten verordnet, im August 2022 durfte es auch direkt von den Ärzt:innen abgegeben werden.
Anfang 2023 schienen im BMG dann erste Unstimmigkeiten aufgefallen zu sein: Das Ministerium begrenzte die Bevorratung in Apotheken auf maximal 20 Packungen. Begründet hatte das BMG die Änderung in einem Schreiben an die Abda und den Großhandelsverband Phagro mit „auffällig hohen Bestellzahlen durch einzelne Apotheken“ und „direkte Anfragen zu den Möglichkeiten eines Exports durch verschiedene Marktteilnehmer“. Entsprechende Strafanzeigen seien bereits gestellt worden.
Der Phagro bestätigte im Januar 2023 gegenüber APOTHEKE ADHOC, dass seit wenigen Wochen bei einigen Großhändlern mehr Paxlovid-Bestellungen durch Apotheken eingegangen sind als im Durchschnitt der vergangenen Monate. Zu den Ursachen kann der Großhandelsverband nichts sagen, bestätigte aber, dass das Ministerium der Sache jetzt auf den Grund geht und dazu die Daten des Phagro verwendet. „Das BMG gleicht die Anzahl der Bestellungen/Auslieferungen mit der Anzahl der Verordnungen derzeit ab.“
Bestellungen von bis zu 10.000 Packungen
Eine Million Packungen Paxlovid hatte das BMG bei Pfizer bestellt, im Juli 2023 lagen noch rund 550.000 Therapieeinheiten beim Großhandel. Laut den Recherchen von WDR, NDR und SZ soll das BMG Anzeigen gegen mehrere Apotheken mit Großbestellungen gestellt haben und auch schon durchsucht lassen haben. In Bayern hätten demnach 60 Polizisten verschiedene Apotheken in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und in der Oberpfalz durchsucht und nach Hinweisen für den illegalen Weiterverkauf gesucht. In Berlin habe die Staatsanwaltschaft insgesamt sechs Apotheken durchsucht.
Dabei gehe es um auffällig hohe Bestellmengen mit 1400 Packungen, 1800 Packungen oder sogar 10.000 Packungen. Bisher sei es laut Bericht schwer möglich nachzuvollziehen, wo diese Mengen am Ende gelandet sind – ob auf dem Schwarzmarkt oder ob sie vernichtet wurden. In Baden-Baden sei vor Weihnachten bereits Anklage gegen einen Apotheker erhoben worden, der insgesamt 1.393 Packungen Paxlovid ins Ausland verkauft habe.
Laut des Recherchenetzwerkes habe das BMG 650 Euro pro Packung Paxlovid an Pfizer bezahlt. Das BMG habe auch mitgeteilt, dass nun 560.000 Therapieeinheiten vom Großhandel an Apotheken ausgeliefert worden seien. WDR, NDR und SZ mutmaßen durch Berechnungen, dass hingegen aber nur etwa 300.000 Packungen abgegeben wurden.
Seit heute vertreibt Pfizer Paxlovid direkt in Deutschland, den Krankenkassen kostet das Arzneimittel laut Bericht nun 1149,19 Euro pro Packung.