AvP-Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos hat erklärt, dass er die Rolle der Banken ebenfalls in den Blick nehmen wird. Gut so, findet Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger, der Hoos allerdings in einem Punkt widerspricht: Aus seiner Sicht verhindern etwaige Sicherheiten der Banken bei AvP nicht automatisch eine Gläubigerbenachteiligung zulasten der Apotheker.
Diese Benachteiligung habe Hoos in einer bestimmten Konstellation offengelassen, so Bellinger: „Da ging es darum, wie zu verfahren wäre, wenn Banken in der gleichen Höhe anderweitig über Sicherheiten verfügt hätten, in welcher eine Gläubigerbenachteiligung in Betracht käme. Bei einer solchen Kongruenz würde man dann den Zugriff auf die Banken in Form einer Anfechtung als gegenstandslos ansehen müssen.“ Vereinfacht ausgedrückt: Wenn die Banken im Insolvenzverfahren ohnehin exklusiven Zugriff auf diese Beträge gehabt hätten, kann es auch keine Benachteiligung der betroffenen Apotheker geben.
Vom Prinzip sei das natürlich richtig, so Bellinger, es gebe aber eine Besonderheit: „Zu Beginn der Debatte über die Aussonderungsrechte wurde heftig diskutiert, ob im Rahmen der Abtretung der Forderungen zwangsläufig mit der Abtretung korrespondierende Informationspflichten (§ 402 BGB) zum Inhalt der Rezepte eine Verletzung der Verschwiegenheitspflichten (§ 203 StGB) nach sich zögen, die die Abtretung nichtig machen könnten (§ 134 BGB).“ Wiederum sehr vereinfacht: Weil AvP keine Apotheke mit Verschwiegenheitspflicht ist, könnten Apotheker diese Forderungen gar nicht wirksam abtreten. Doch Bellinger winkt ab: „Diese Diskussion habe ich für gegenstandslos gehalten im Rahmen der Abrechnungskette Apotheke – Rechenzentrum – Kostenträger, weil diese Kette von der Verschwiegenheitspflicht faktisch entbunden ist über § 302 SGB V.“
Bellinger weiter: „Die Diskussion macht aber sehr viel Sinn, wenn man aus dieser vertikalen Abrechnungs-Achse horizontal auf refinanzierende Banken schaut.“ Für die Banken gelte diese Privilegierung nicht. „Von daher ist für mich klar, dass Banken sich nicht berufen können auf abgetretene Forderungen gegen Kostenträger, auch nicht aus dem Sektor der Erstattung des Herstellerzwangsrabattes.“ Diese Abtretungen hätten aus seiner Sicht über § 402 BGB „weitreichende Informationsansprüche im Rucksack“, die von Gesetzes wegen mit der abgetretenen Forderung ein Paket darstellen.
Und es sei genau dieses „eigentlich ungewollte Paket“, das die Abtretung zugunsten der Banken nichtig macht, ist Bellinger überzeugt. Anders läge der Fall, wenn die Banken auf die Informationsrechte zu den Inhalten der Rezepte schriftlich verzichtet hätten. Allerdings hat Bellinger noch nie eine Besicherung der Bank im Apothekenwesen gesehen, die diesem Umstand Rechnung getragen hätte. „Von daher gehe ich davon aus, dass der Tatbestand der Gläubigerbenachteiligung nicht blockiert wird durch Sicherheiten via Abtretungen von Forderungen der Apotheken oder von AvP aus dem Rezeptgeschäft.“
Unabhängig davon und grundsätzlich sehr positiv sei, dass Hoos für die betroffenen Apotheken verbindliche und praktikable Vorgaben für die Anmeldung ihrer Insolvenzforderungen vorgegeben habe, so Bellinger. Und er schließt sich der Meinung des Insolvenzverwalters an: „Um das ganz deutlich zu sagen: Dafür brauchen die Apotheker eigentlich keine Anwälte.“
Das sehr vereinfachte Verfahren für die geschädigten AvP-Kunden sei sehr zu begrüßen, freut sich Bellinger. Im Kern beschränke sich die Überprüfung darauf, ob die von AvP erteilten, teilweise korrigierten Abrechnungen sich mit dem decken, was der Apotheker für sich selber festgestellt hat. „Wenn diese Zahlen kongruent sind, braucht der betroffene AvP-Kunde ja nur das ihm vom Insolvenzverwalter zugestellte Formular abzuzeichnen und zurückzuschicken.“
Die Frist für die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle ist der 24. November, allerdings können sich Betroffene auch nach diesem Stichtag noch melden, müssen dann aber gegebenenfalls mit Verzögerung bei der Prüfung rechnen. Die Gläubigerversammlung findet am 15. Dezember in Düsseldorf statt, der Prüfungstermin im schriftlichen Verfahren eine Woche später.
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