GKV-Positionspapier

Belgardt schreibt Protestbrief an Kassenverband

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Berlin -

Anfang Juni hatte der GKV-Spitzenverband mit der Forderung nach einer Honorarkürzung bei den Apotheken von einer Milliarde Euro den Berufsstand in Aufregung versetzt. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) reagierte mit Empörung. Mit einem Protestbrief hat sich jetzt auch der Präsident der Berliner Apothekerkammer, Dr. Christian Belgardt, an die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Dr. Doris Pfeiffer, gewandt. Die Berliner Apothekerkammer sei „fassungslos“ über die „absurden Schlüsse“ des Kassenverbandes.

Unter dem Deckmantel der Wirtschaftlichkeit schlage der GKV-Spitzenverband zahlreiche patientenfeindliche Sparmaßnahmen vor und zerschlage damit gedanklich „unser hervorragendes System der wohnortnahen, durch freie Heilberufler getragene pharmazeutische Versorgung“, schreibt Belgardt in seinem Editorial der Kammerzeitschrift. Dem Editorial vorausgegangen war eine intensive Diskussion über das Papier des GKV-Spitzenverbandes in der Delegiertenversammlung.

Im Bericht darüber heißt es, der Kassenverband lasse die notwendige Sorgfalt beim Umgang mit Daten und Fakten vermissen. Es würden Zahlen und Mutmaßungen aus dem „ominösen“ 2hm-Gutachten, dessen Datenqualität betriebswirtschaftlichen Standards nicht genügten, übernommen. Das Bundeswirtschaftsministerium als Auftraggeber habe dieses deshalb aus guten Gründen als „insuffizient zu den Akten gelegt“. Die Delegiertenversammlung der Berliner Kammer habe daher den GKV-Spitzenverband aufgefordert, wieder die Patienten in den Fokus zu nehmen.

Die Apotheker entwickelten die Arzneimittelversorgung kontinuierlich weiter und seien Vorreiter in der Digitalisierung. Daher habe die Delegiertenversammlung Belgardt aufgefordert, einen Protestbrief an Pfeiffer zu schreiben mit dem Angebot von „Körperschaft zu Körperschaft“ ins Gespräch zu kommen. Eine Antwort von Pfeiffer liegt noch nicht vor.

Bereits unmittelbar nach Vorstellung des GKV-Papiers mit dem Titel „Neuordnung der Apothekenstrukturen und -vergütung“ hatte bereits der DAV mit Empörung auf die Forderung der Krankenkassen reagiert, bei den Apothekern eine Milliarde Euro einzusparen. Der GKV-Spitzenverband stelle die Arzneimittelversorgung in Deutschland insgesamt in Frage, so der DAV-Vorsitzende Fritz Becker.

Die Arzneimittelversorgung erfolge heute „sicher und flächendeckend“, heißt es im Positionspapier. Allerdings dominierten die „althergebrachten Apothekenstrukturen“ unverändert. Der Entwicklungsstillstand lasse damit die Chancen von innovativen und flexibleren Ansätzen in der Versorgung weitgehend ungenutzt. Mit dem Arzneimittelversandhandel seien die starren Strukturen im Apothekenbereich ansatzweise geöffnet und damit die Versorgung vor allem für mobilitätseingeschränkte Patienten, aber auch in strukturschwächeren Regionen erheblich erleichtert worden: „Diese Erleichterung durch ein Versandhandelsverbot zurückzudrehen, ginge in die falsche Richtung.

Tatsächlich habe sich gezeigt, dass im Handel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven bestünden. Das BMWi-Gutachten bestätige die Vermutung, dass einige Leistungen teilweise deutlich überfinanziert seien. Selbst bei einer Erhöhung anderer Vergütungsbestandteile, wie der Nacht- und Notdienstpauschale, könne die Umsetzung einer leistungsbezogenen und kostendeckenden Vergütung die Ausgaben der Kassen und Selbstzahler für rezeptpflichtige Arzneimittel „um mehr als 1 Milliarde Euro“ gesenkt werden, zeigten sich die Kassen überzeugt. Überfällig sei vor diesem Hintergrund eine Neuordnung der Vergütung. Sicherzustellen sei dabei eine transparentere Honorarstruktur. Außerdem sei eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes sowie weiterer überholter Regelungen ebenfalls „dringend geboten“.

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