Beiträge sinken und steigen, Pflege wird ausgebaut APOTHEKE ADHOC, 15.12.2018 08:17 Uhr
Im Gesundheitswesen treten zum 1. Januar 2019 zahlreiche Änderungen in Kraft. Teilweise gehen diese auf neue Gesetze wie bei den Kassenbeiträgen zurück. Damit wurden von der neuen Bundesregierung bereits drei Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag im Gesundheitsbereich umgesetzt. In anderen Fällen handelt es sich um laufende Anpassungen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sieht in den Neuerungen einen Erfolg seiner Arbeit seit März 2018: „Zum 1. Januar haben wir im Gesundheitswesen vieles konkret verbessert. Wir entlasten Arbeitnehmer, Rentner und auch Kleinselbstständige bei den Beiträgen. Und wir sorgen dafür, dass Pflegekräfte im Arbeitsalltag entlastet werden. Die Krankenkassen werden 13.000 Pflegestellen in der Altenpflege und jede zusätzliche Pflegestelle im Krankenhaus finanzieren. Ich ermuntere die Verantwortlichen in Krankenhäusern und Pflegeheimen vor Ort, diese Möglichkeiten jetzt auch tatkräftig zu nutzen. Die Pflege braucht unsere Unterstützung. Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz war nur der Anfang.“
Die Änderungen im Detail:
GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG)
– Paritätische Finanzierung der GKV-Beiträge
Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung werden wieder in voller Höhe paritätisch getragen. Um Arbeitnehmer und Rentner zu entlasten, wird auch der von den Krankenkassen festzusetzende Zusatzbeitragssatz zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern beziehungsweise Rentnern und der Rentenversicherung gezahlt. Bisher zahlten Arbeitnehmer und Rentner den Zusatzbeitrag alleine.
– Durchschnittlicher Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent
Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz für 2019 ist auf 0,9 Prozent (2018: 1,0 Prozent) abgesenkt worden. Wie hoch er für die Versicherten tatsächlich ausfällt, entscheiden die Krankenkassen. Kassen, deren Finanzreserven eine Monatsausgabe übersteigen, dürfen ihren individuellen Zusatzbeitragssatz nicht mehr anheben.
– Einheitlicher Mindestbeitrag entlastet Kleinselbstständige
Hohe Beiträge in der GKV überfordern Selbstständige mit geringen Einkünften und Existenzgründer. Deshalb werden freiwillig versicherte Selbstständige bei den Mindestbeiträgen den übrigen freiwillig Versicherten in der GKV gleichgestellt. Die einheitliche Mindestbemessungsgrundlage von 1038,33 Euro gilt ab 2019. Damit sinken die Mindestbeiträge zur Krankenkasse und sozialen Pflegeversicherung für hauptberuflich Selbstständige um mehr als die Hälfte.
– Entlastung bei Krankengeld oder Mutterschaftsgeld
Freiwillig Versicherte müssen während des Bezugs von Krankengeld oder Mutterschaftsgeld nur noch Beiträge auf tatsächlich bestehende beitragspflichtige Einnahmen zahlen.
– Besserer GKV-Zugang für ehemalige Zeitsoldaten
Ehemalige Soldaten auf Zeit erhalten ein Beitrittsrecht zur freiwilligen Versicherung in der GKV und nach dem Ende ihrer Dienstzeit einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen als Ersatz für die bisherige Beihilfe.
– Abbau von Beitragsschulden
Die Krankenkassen werden verpflichtet, passive Mitgliedschaften zu beenden. Bislang endet eine freiwillige GKV-Mitgliedschaft nur dann, wenn das Mitglied seinen Austritt erklärt. Wenn es aber unbekannt verzogen ist, keine Beiträge mehr bezahlt und sich nicht abmeldet, wird es obligatorisch zum Höchstbeitrag weiterversichert. Damit haben die Krankenkassen fiktive Beitragsschulden angehäuft.
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG)
– Zusätzliche Pflegestellen
In der vollstationären Altenpflege werden die Voraussetzungen für 13.000 zusätzliche Stellen geschaffen, die von den Krankenkassen ohne finanzielle Beteiligung der Pflegebedürftigen finanziert werden. Dabei können auch Teilzeitstellen, die aufgestockt werden, berücksichtigt werden. Um die Personalausstattung in der Krankenhaus-Pflege zu verbessern, wird jede zusätzliche oder aufgestockte Pflegestelle am Krankenhausbett vollständig refinanziert.
– Vergütung für Pflegekräfte
Ab 2018 werden die Tarifsteigerungen für die Pflegekräfte im Krankenhaus vollständig von den Kostenträgern refinanziert. Die zusätzlichen Finanzmittel sind zur Finanzierung von Tariferhöhungen einzusetzen. Das ist zu belegen. Die Vergütungen von Auszubildenden in der Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Krankenpflegehilfe im ersten Ausbildungsjahr werden vollständig von den Kostenträgern refinanziert. Die Verbesserung schafft einen deutlichen Anreiz, mehr auszubilden. Auch in der häuslichen Krankenpflege müssen Tariflöhne von den Krankenkassen akzeptiert werden.
– Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte
Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser werden finanziell dabei unterstützt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für ihre in der Pflege tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern. Krankenkassen müssen rund 70 Millionen Euro jährlich mehr für Leistungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen aufwenden. Um Pflegekräfte zu entlasten, wird die Digitalisierung gefördert. Die Pflegeversicherung stellt dafür einmalig pro Einrichtung (ambulant oder stationär) 12.000 Euro zur Verfügung. Mit der Kofinanzierung der Einrichtung können Maßnahmen im Umfang von bis zu 30.000 Euro je Einrichtung finanziert werden.
– Pflege zu Hause
Pflegende Angehörige erhalten leichter Zugang zu stationären medizinischen Rehabilitationsleistungen. Wenn die pflegebedürftige Person gleichzeitig in der Reha-Einrichtung betreut werden kann, übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Andernfalls müssen Kranken-und Pflegekasse die Betreuung organisieren. Für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 3 und Menschen mit Behinderungen werden Taxifahrten zu einer ambulanten Behandlung einfacher. Sie gelten mit der ärztlichen Verordnung als genehmigt. Auch in der häuslichen Krankenpflege müssen Tariflöhne von den Krankenkassen akzeptiert werden.
– Pflegepersonaluntergrenzen
Zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung müssen Krankenhäuser Pflegepersonaluntergrenzen einhalten. Durch Rechtsverordnung wurden diese Mindestgrenzen zunächst für vier pflegesensitive Bereiche festgelegt: Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie, Unfallchirurgie. Die Selbstverwaltungspartner erhalten den gesetzlichen Auftrag, die Pflegepersonaluntergrenzen weiterzuentwickeln.
– Krankenhausfinanzierung
Der Krankenhausstrukturfonds wird für vier Jahre mit einer Milliarde Euro jährlich fortgesetzt. Die Finanzierung erfolgt wie bisher je zur Hälfte aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds und aus Mitteln der Länder. Die Anreize, für die Versorgung nicht mehr benötigte Krankenhausbetten abzubauen, werden verstärkt.
Gesetz zur Beitragssatzanpassung in der sozialen Pflegeversicherung
Der Beitrag zur Pflegeversicherung steigt um 0,5 Prozentpunkte auf 3,05 Prozent (3,3 Prozent für Kinderlose). Die Anhebung ist notwendig, weil die Leistungsverbesserungen der letzten Jahre stärker als erwartet in Anspruch genommen werden. Außerdem sollen in den nächsten Jahren weitere ausgabenwirksame Verbesserungen hinzukommen, die mit dieser Beitragssatzanhebung finanziert werden können.
Rechengrößen für Sozialbeträge
Die Jahresarbeitsentgeltgrenze (Versicherungspflichtgrenze) der GKV steigt auf jährlich 60.750 Euro (2018: 59.400 Euro). Die Beitragsbemessungsgrenze der GKV steigt auf jährlich 54.450 Euro (2018: 53.100 Euro) beziehungsweise auf monatlich 4537,50 Euro (2018: 4425 Euro).
Die Bezugsgröße, die für viele Werte in der Sozialversicherung wichtig ist, etwa für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung, erhöht sich auf 3115 Euro monatlich in den alten Bundesländern und auf 2870 Euro in den neuen Bundesländern (2018: 3045 Euro / 2695 Euro).