EuGH-Urteil

Behörden dürfen Ärzte bestechen APOTHEKE ADHOC, 22.04.2010 14:54 Uhr

Berlin - 

Gesundheitsbehörden dürfen Ärzten finanzielle Anreize für die Verordnung bestimmter Arzneimittel setzen. Zu diesem Urteil kommt der Europäische Gerichtshof (EuGH), der damit von den Empfehlungen seines Generalanwalts abweicht. Das in einer EU-Richtlinie enthaltene Verbot bezieht sich nach Ansicht der EU-Richter nur auf Verkaufsförderungsmaßnahmen der Pharmaindustrie, nicht aber für nationale Behörden, die für die Gesundheit der Bevölkerung und die Begrenzung der öffentlichen Ausgaben zuständig sind.

Im konkreten Fall hatte der britische Pharmaverband gegen verschiedene Boni-Systeme der britischen Gesundheitsbehörden geklagt. Mit finanziellen Zuwendungen sollten Ärzte veranlasst werden, statt eines Originalpräparats ein Generikum derselben therapeutischen Klasse zu verschreiben. Die britische Arzneimittelaufsicht hatte in den Boni keinen Widerspruch zum EU-Verbot gesehen, das lediglich für kommerzielle Angebote gelte.

Dem Urteil zufolge soll das EU-Verbot verhindern, dass Ärzte ein wirtschaftliches Interesse an der Verschreibung von Arzneimitteln haben. Mit der Gesundheitspolitik in den Mitgliedstaaten werde aber kein Erwerbs- oder kaufmännischer Zweck verfolgt; die Anreize der britischen Behörden seien keine kommerzielle Verkaufsförderung für Arzneimittel. Zudem sei bei der Regelung keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung erkennbar, da der therapeutische Nutzen der bevorzugten Arzneimittel von den staatlichen Behörden ständig kontrolliert werde.

Daher steht es laut EuGH den Behörden frei, auf der Grundlage von Bewertungen der therapeutischen Eigenschaften und unter Berücksichtigung der Kosten bestimmte Wirkstoff innerhalb der therapeutischen Klassen zu bevorzugen. Ärzte würden dadurch in ihrer Objektivität nicht beeinflusst.

Die Behörden seien jedoch gegenüber der Pharmaindustrie zum Nachweis verpflichtet, dass ihre Regelungen auf objektiven Kriterien beruhen und dass inländische Arzneimittel und solche aus anderen Mitgliedstaaten nicht unterschiedlich behandelt würden. Die Hersteller kritisierten das Urteil, durch das die ärztliche Entscheidungsfreiheit beeinflusst werde.