Koalition

Befreiungsschlag oder Wählerfang?

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Berlin -

Schwarz-Gelb versucht zum Start ins Wahljahr 2013 einen Befreiungsschlag: Praxisgebühr weg, Betreuungsgeld her, dazu ein Mini-Aufschlag für Mini-Renten. Mit den Beschlüssen des Koalitionsausschusses vom frühen Montagmorgen haben CDU/CSU und FDP die größten Streitpunkte aus dem Weg geräumt. Opposition, Sozialverbände und Gewerkschaften sprechen von Wählerkauf. Auch die Arbeitgeber werfen der bürgerlichen Koalition schwere Fehler vor. SPD und Grüne wollen das Betreuungsgeld notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht stoppen und bei einem Wahlsieg sofort wieder abschaffen.

Schon am Mittwoch sollen die Regelungen zur Umsetzung der Beschlüsse vom Kabinett verabschiedet werden. Der Bundestag soll das Betreuungsgeld am Freitag in dritter Lesung beschließen. Das gilt auch für die Abschaffung der Praxisgebühr. Diese Praxisgebühr soll schon zum Jahreswechsel verschwinden, das Betreuungsgeld wird erst im August starten.

Zu dieser neuen Förderung sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), das Betreuungsgeld sei eine Alternative für die Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Krippe geben wollten. „Wir wollen in der Gesellschaft keine Diskussion, wo wir sagen: Eigentlich muss sich derjenige entschuldigen, der sein Kind nicht in die Kita bringt“, sagte die Kanzlerin bei einer CDU-Konferenz in Bad Fallingbostel.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte, seine Partei finde sich als größter Koalitionspartner in den Beschlüssen „sehr gut wieder“. Die FDP wertete die Beschlüsse auch als Rückendeckung für Parteichef Philipp Rösler. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) verwies vor allem auf die von den Liberalen durchgesetzte Abschaffung der Praxisgebühr. „Die FDP kann mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein“, so Bahr.

Dagegen kritisierte der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück: „Die Koalition verteilt Wahlkampfgeschenke.“ Die Wähler ließen sich aber nicht kaufen. Eine Linie zur Lösung der Probleme des Landes sei nicht zu erkennen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte NDR Info, große Verlierer seien die Rentner.

Der DGB nannte es zynisch, eine Mini-Aufstockung von Mini-Renten als „Lebensleistungsrente“ zu bezeichnen. Die Sozialverbände SoVD und VdK nannten die Renten-Beschlüsse untauglich im Kampf gegen Altersarmut. Die Arbeiterwohlfahrt hielt der Regierung vor, sie erkaufe sich Koalitionsfrieden auf Kosten der Familien.

Für Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ist die Abschaffung der Praxisgebühr ein schwerer Fehler. Die schwarz-gelben Beschlüsse seien insgesamt enttäuschend. „Wer die Staatsfinanzen wirkungsvoll sanieren und mehr Netto vom Brutto schaffen will, darf keine neuen Wohltaten verteilen.“ Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery begrüßte dagegen das Ende der Praxisgebühr als Beitrag zum Bürokratieabbau.

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