Iges/DIW-Gutachten

Becker warnt vor „Versandhandelskonjunkturprogramm“

, Uhr
Berlin -

Gestern wurde das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beauftragte Iges/DIW-Gutachten zur Wirkung der Arzneimittelpreisbindung für den Apothekenmarkt bekannt. In einer ersten Reaktion sieht sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) darin bestätigt, dass Präsenzapotheken aufgrund der Rx-Boni gegenüber den ausländischen Versandapotheken benachteiligt sind und ein Rx-Boni-Verbot erforderlich ist.

„Mit großem Interesse haben wir das Gutachten zur Kenntnis genommen, müssen die mehr als 90 Seiten aber erst in den nächsten Tagen noch einmal im Detail analysieren“, so Becker. „Die erste kursorische Durchsicht zeigt jedoch, dass die Vor-Ort-Apotheken derzeit gegenüber dem Versandhandel systematisch benachteiligt sind, seitdem ausländische Versandhändler Rabatte und Boni auf rezeptpflichtige Arzneimittel gewähren dürfen. Gerade deshalb plädieren wir schon lange dafür, dass Boni und Rabatte, die die bundeseinheitliche Preisbindung unterlaufen, wieder untersagt werden müssen.“

Dies ist laut Becker deshalb umso wichtiger, weil laut Gutachten das E-Rezept als künftiger „Game Changer“ den bisherigen Entfernungs- und Wartezeitnachteil der Versandapotheken aufheben wird und somit ein ungewolltes „Versandhandelskonjunkturprogramm“ aufgelegt würde. Becker: „Die Patienten wollen dagegen starke, schnelle und wettbewerbsfähige Apotheken bei sich vor Ort! Wir werden uns deshalb in den nächsten Tagen und Wochen konstruktiv und kritisch in den Gesetzgebungsprozess zum Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) einbringen.“

Das Gutachten formuliert für die VOASG-Beratung zwar keine Empfehlung, prognostiziert aber, dass ein Rx-Boni-Verbot auf dem OTC-Markt zu einer Preisschlacht führen wird: „Eine Senkung ihrer Rabatte auf null verringert dort die Nachfrage im Rx-Bereich und impliziert den Anreiz, Preise im OTC-Bereich zu reduzieren, um den Nachfragerückgang im Rahmen von Bündelkäufen zu begrenzen“, wird die wahrscheinliche Reaktion der EU-Versender beschrieben. Ein Verbot von Rx-Boni führt laut Gutachten bei Präsenzapotheken „zu einem Nachfrageanstieg im Rx-Bereich“. Verlieren würden sie aber im OTC-Bereich, wenn DocMorris & Co. als Reaktion ihre Preise stark reduzierten, der inländische Versandhandel dem folgen würde und dies einen negativen Effekt auf den Marktanteil der Präsenzapotheken im OTC-Bereich hätte.

Mit dem Boni-Verbot für inländische Versand- und Präsenzapotheken auf der einen Seite und der Möglichkeit für ausländische Versandapotheken, Rabatte zu gewähren, auf der anderen Seite bestehe aktuell eine „asymmetrische Regulierung“: „Der Wettbewerb zwischen in- und ausländischen Apotheken ist damit zulasten der Inlandsapotheken verzerrt“, so das Gutachten. Bei der Beurteilung der aktuellen Regulierung sei aber zu beachten, dass die direkten Effekte des Boni-Verbotes von inländischen Apotheken durch Preisanpassungen im OTC-Bereich zumindest teilweise kompensiert werden könnten.

 

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Test vor Therapie durchführen
Kippels: Erst in die Apotheke, dann zum Arzt
„Reine Umverteilung wird nicht ausreichen“
Gerlach: Wirtschaftliche Unabhängigkeit der Apotheke schützen
Mehr aus Ressort
Verbändefusion bringt keine Einsparungen
MAV: Ein Verband, drei Geschäftsstellen

APOTHEKE ADHOC Debatte