Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die AOK Baden-Württemberg legen nach und machen erneut gegen die Importquote mobil. In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern sie zusammen mit der baden-württembergischen Ärzteschaft eine Abschaffung des „alten Bürokratiemonsters“, wie Kassenchef Dr. Christopher Hermann formuliert.
Aus einem Instrument zur bescheidenen Ausgabensteuerung habe sich längst eine „planwirtschaftliche Subventionsgarantie“ für eine Handvoll Reimporteure entwickelt, so Hermann. Es existierten weitaus wirkungsvollere und intelligentere Instrumente zur Ausgabensteuerung. Um die Ineffizienz der Quote zu belegen, führt die Kasse Zahlen aus Baden-Württemberg an.
So habe alleine die AOK in den Jahren 2016 und 2017 über den Reimport jeweils rund 7 Millionen Euro eingespart. Die Einsparungen durch die Arzneimittelrabattverträge – Hermanns „Baby“, wenn man so sagen darf – bewegten sich „in ganz anderen Dimensionen“: So hätten die Versicherten durch sie allein im vergangenen Jahr 227,5 Millionen Euro eingespart. Für das gesamte AOK-System seien es im gleichen Jahr 1,66 Milliarden Euro gewesen. Auf die ganze Bundesrepublik und alle Kassen gerechnet stünden laut Berechnungen des Deutschen Arzneiprüfungsinstitutes (DAPI) 120 Millionen Euro durch die Importquote rund 4 Milliarden durch Rabattverträge gegenüber.
Auf die Arzneimittelsicherheit hebt DAV-Chef Fritz Becker ab. Er fordert mehr Freiheiten für die Pharmazeuten. „Jeder Apotheker braucht ausreichend Spielraum, um sich bei Sicherheitsbedenken im Einzelfall gegen ein Importmedikament entscheiden zu können“, sagt Becker und spielt den Ball zur Politik. „Die Importquotenpflicht im Sozialgesetzbuch lässt sich kurzfristig mithilfe des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) streichen.“
Hermann pflichtet ihm da bei: „Lange, intransparente und grenzüberschreitende Lieferketten machen Hehlerbanden und Arzneimittelfälschern in der EU das Leben relativ einfach“, konstatiert er. Die gesetzliche Quotenförderung mache ihr Geschäft gerade in Deutschland besonders lukrativ. Die Taskforce Lunapharm komme auch zu diesem Schluss und befürworte als Konsequenz aus dem Skandal die Streichung der Reimportförderklausel aus dem Sozialgesetzbuch (SGB V).
Dr. Norbert Metke, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung, pflichtet beiden bei und beteuert, zu Gesprächen über andere Maßnahmen zur Ausgabensteuerung bereit zu sein. Die Ärzte begrüßten „die Maßnahme, die darauf hinwirkt, dass Patienten sichere Arzneimittel bekommen“, so Metke.
Der Streit um die bei vielen Apothekern verhasste Importquote war mit dem Arzneimittelskandal um das Brandenburger Unternehmen Lunapharm wieder hochgekocht. Becker hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach als passionierter Gegner der Quote profiliert. Der Verband der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD) schoss deshalb kürzlich scharf gegen ihn: Seine Diskussion trage „trumpsche“ Züge und seine Äußerungen zeugten „von wenig Marktkenntnis“, so der VAD. Die zitierten DAPI-Zahlen seien „nicht nachvollziehbar“.
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