Terminservice- und Versorgungsgesetz

Becker: Impfstoffhonorar „ärgerlich und ungerecht“

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Berlin -

Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Fritz Becker, begrüßt das gestern verabschiedete Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) größtenteils. Es gebe darin „etliche Punkte, mit denen wir wirklich zufrieden sein können“. Nicht dazu gehört allerdings die Vergütung bei Impfstoffen. Die kritisiert er als wenig hilfreich für die Versorgung und prognostiziert, dass das Thema bald wieder auf der Tagesordnung stehen wird.

Becker lobt die Erweiterung der Kompetenzen des Nacht- und Notdienstfonds (NNF); die Apotheker hätten nun die Möglichkeit, ihn mit zusätzlichen Aufgaben zu betrauen. „Jetzt können wir den Fonds nutzen, um die Gelder auszuzahlen, die den Apotheken zustehen, wenn sie sich für den Betrieb der Telematikinfrastruktur rüsten“, so Becker. Diese Erweiterung war im Vorfeld umstritten gewesen, der GKV-Spitzenverband hatte den Passus im Gesetzesentwurf als „Blankoscheck“ kritisiert.

Auch die Neuregelungen zu Hilfsmitteln findet Beckers Zustimmung. Mit diesen könne man „das Arbeiten der Apotheken im Hilfsmittelbereich einfacher machen“, sagte Becker. Mit dem Gesetz werden unter anderem Hilfsmittelausschreibungen abgeschafft. Doch damit endet Beckers Lobrede. Denn „nicht zufrieden“ sei der DAV mit der Impfstoffregelung. „Wir haben sprichwörtlich bis zu letzten Minute mit der Politik darüber gestritten“, so Becker. Die Regelung sieht vor, dass Apotheker pro Dosis künftig 1 Euro bekommen. Verträge oder Vereinbarungen zwischen Landesapothekerverbänden und Herstellern darf es nicht mehr geben. Pro Verordnungszeile dürfen Impfstoffe für maximal 75 Euro gelistet sein.

„Das ist tolerabel, wenn ein Arzt pro Zeile nur eine begrenzte Zahl von Impfdosen ordert“, so Becker. Bei großvolumigen Bestellungen hingegen werde der Aufwand, den die Apotheke mit der Vorfinanzierung und dem etappenweisen Beliefern der Arztpraxen habe, „bei weitem nicht abgebildet“. Zwar gehe es beim Impfen bundesweit nur um ein geringes Vergütungsvolumen, dennoch sei die neue Regelung „im Einzelfall ärgerlich und ungerecht“. Die Versorgung werde durch sie wohl kaum verbessert. „Deshalb gehe ich davon aus, dass wir das Thema bald wieder auf der Tagesordnung haben.“

Das TSVG wurde am Donnerstag von Union und SPD gegen die Stimmen von AfD, FDP, Linken und Grünen beschlossen. Im Kern soll das Omnibusgesetz den Zugang zur ärztlichen Versorgung verbessern: So sollen Praxisärzte künftig 25 statt 20 Stunden in der Woche für GKV-Versicherte anbieten müssen. Augen-, Frauen- und HNO-Ärzte wiederum sollen mindesten fünf Wochenstunden als offene Sprechstunde ohne feste Terminvergaben bieten. 600 bis 800 Millionen Euro an zusätzlichen Vergütungen kommen dadurch auf die GKV zu.

Für die Apothekerschaft relevant ist neben der Impfstoffvergütung, den Hilfsmittelausschreibungen und der Erweiterung des NNF auch eine Regelung zu den Einkaufskonditionen. Demnach dürfen die Großhändler aus dem fixen Teil ihrer Vergütung in Höhe von 70 Cent keine Rabatte an die Apotheken gewähren, sondern nur aus dem variablen Teil von 3,15 Prozent. Das entspricht dann dem Maximalrabatt. Noch nicht sicher ist, was das für die Gewährung von Skonti bedeutet – hier gehen die Meinungen in der Großhandelsbranche derzeit noch auseinander.

Das Gesetz sieht außerdem Ausweitungen der Versorgung vor. Unter anderem sollen die Festzuschüsse der Kassen für Zahnersatz zum ersten Oktober 2020 von bisher 50 Prozent auf 60 Prozent steigen. Patienten sollen 2021 Anspruch auf eine elektronische Patientenakte haben.

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