Interview DAV-Chef Fritz Becker

Becker: Es gab nichts zu verhandeln Benjamin Rohrer, 25.07.2012 14:25 Uhr

Berlin - 

Bei der ABDA versteht man die Welt nicht mehr. Den eigenen Berechnungen zufolge hätten die Apotheker mit mindestens 600 Millionen Euro rechnen können. Doch es werden wahrscheinlich nur 25 Cent pro abgegebener Packung und damit rund 190 Millionen Euro. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, will das nicht hinnehmen: Im Interview mit APOTHEKE ADHOC spricht er über die Forderungen der Apotheker, die Fehlinterpretation der vorgelegten Zahlen und mögliche Protestaktionen.

 

ADHOC: Was passiert heute bei der ABDA?

BECKER: Wir haben uns die Verordnung inzwischen besorgt. Von offizieller Seite wurde sie uns noch nicht zugeschickt. Unsere Juristen und Wirtschaftler versuchen derzeit, die vom Ministerium vorgelegten Zahlen zu analysieren. Anschließend werden wir eine offizielle Stellungnahme für das Ministerium erstellen. Wir verstehen nicht, wie man dort auf diesen Betrag kommen konnte. Unseren Zahlen zufolge hätte die Anpassung viel höher ausfallen müssen.

ADHOC: Wie ist das Ministerium dann bei 8,35 Euro gelandet?

BECKER: Das wissen wir auch nicht. Wir haben immer wieder Zahlen vorgelegt und die Politik hat dann gerechnet. Das Ministerium ist uns jetzt Erklärung schuldig, wie es auf diesen Betrag gekommen ist. Bis zuletzt war uns aus dem Ministerium bestätigt worden, dass die von uns überarbeiteten Daten nachzuvollziehen seien. Das jetzige Ergebnis ist daher eine große Überraschung. Klarstellen möchte ich aber noch einmal: Es gab hier nichts zu verhandeln.

ADHOC: Wenn die Zahlen so vielversprechend waren, sollte man sie jetzt nicht verwenden, um einen Gegenposition aufzubauen?

Becker: Genaue Reaktionen müssen vom gesamten Vorstand der ABDA beschlossen werden. Aber natürlich ist es denkbar, unsere Rechnungen und Zahlen nochmals zu veröffentlichen. Das haben wir ja auch schon im März gemacht, als wir 624 Millionen Euro forderten.

 

 

ADHOC: Könnten regelmäßige Anpassungen in den kommenden Jahren ein Plan B sein?

BECKER: Eine Dynamisierung kann nicht Plan B sein, weil sie von Anfang an Teil der Forderung war. Denkbar wäre eine Formel gewesen, nach der einmal pro Jahr berechnet wird, inwiefern das Fixum angehoben werden muss. Acht Jahre Pause: Das darf nicht noch einmal passieren.

ADHOC: Wieso ist man mit diesem Vorschlag gescheitert?

BECKER: Die Politik will das nicht. Schließlich, so die Begründung uns gegenüber, könnten dann alle freien Berufe kommen und regelmäßige, automatische Honoraranpassungen verlangen. Wir haben uns daher auf eine einmalige Erhöhung des Festzuschlags verständigt, die die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen acht Jahre widerspiegelt.

ADHOC: Könnte es beim Nacht- und Notdienst noch weitere Zuschläge geben?

BECKER: Wir verfolgen das mit höchster Konsequenz. Viele Politiker sagen uns, dies sei ein guter Ansatz. Allerdings wäre eine solche Anpassung nicht so leicht wie die Erhöhung des Fixums: Schließlich müsste das SGB V geändert werden. Und ob die Bundesregierung das noch vor der Bundestagswahl anpacken will und wird, ist fraglich.

 

 

ADHOC: Wie sollen die Apotheker nun reagieren? Ist ein Streik denkbar?

BECKER: Wir werden in den kommenden 14 Tagen konkrete Empfehlungen an die Basis weitergeben. Es darf jetzt keine übereilten Schnellschüsse geben. Denkbar wären Plakataktionen oder Demonstrationen. Der geschäftsführende Vorstand der ABDA muss sich über die genauen Pläne noch verständigen. Fest steht, dass nun auch die Regionen aktiv werden müssen: Die Apotheker sollen in ihren Gebieten die Politiker ansprechen und so Druck auf Berlin machen.

ADHOC: Die Spitzen der ABDA und des DAV sind mit ihren Forderungen gescheitert. Wird es personelle Konsequenzen geben?

BECKER: Das müssen die Wähler bei der Mitgliederversammlung am Ende des Jahres entscheiden.