Null-Retaxationen, Boni-Urteile und die Vergütung für apothekerliche Leistungen waren die Kernthemen der Mitgliederversammlung des Bayerischen Apothekerverbands (BAV) in Ismaning. Dringend sei eine Anpassung diverser Sonderentgelte geboten, sagte BAV-Vorsitzender Dr. Hans-Peter Hubmann. Im Fokus stünden dabei Rezeptur- und BtM-Zuschlag.
„Die geltenden Rezepturzuschläge sind nicht kostendeckend. Sie schließen zurzeit Beratung und Abgabe nicht mit ein, sondern nur die Herstellung“, sagte Hubmann. Beratung und Abgabe müssten wie bei Fertigarzneimitteln über die Arzneimittelpreisverordnung honoriert werden.
In Bezug auf den BtM-Zuschlag sagte Hubmann, dieser decke nicht die Mehrkosten der Apotheke für Leistungen, die aufwendig dokumentiert werden müssten. „Seit 1978 gab es keine Erhöhung mehr. Eine Anpassung ist überfällig“, so der BAV-Vorsitzende.
Hubmann forderte außerdem eine Vergütung der Inkasso-Leistungen, die Apotheken für Krankenkassen erbrächten. Mit dem Einsatz ihres Personals zögen sie die Patientenzuzahlungen ein und führten sie an die Krankenkassen ab. Zudem finanzierten Apotheken über die monatlichen Gebührenzahlungen an die Rechenzentren das Inkasso der Herstellerrabatte und deren Weiterleitung an die Krankenkassen.
Beide Dienstleistungen der Apotheken müssten honoriert werden. „Unser Vorschlag ist eine prozentuale Einzugsgebühr, analog zum Einzug der Kirchensteuer durch den Staat“, sagte er.
Es gebe jedoch auch positive Schritte bei der Vergütung, wie zum Beispiel der Vertrag des BAV mit der AOK Bayern zur Beratung Schwangerer. Danach erhalten Apotheker ein Honorar für einen Medikations-Check und ein Beratungsgespräch zum Verhalten während der Schwangerschaft. „Hier wird eine pharmazeutische Leistung unabhängig von der Abgabe eines Arzneimittels vergütet“, sagte Hubmann. Der Vertrag gilt seit November 2013; teilnehmen können nur Verbandsmitglieder.
Über Null-Retaxationen als eines der beherrschenden berufspolitischen Themen der letzten Monate sprach BAV-Geschäftsführer Dr. Stefan Weber. Das Bundessozialgericht (BSG) habe 2013 Vollabsetzungen bei der Abgabe eines nichtrabattbegünstigten Arzneimittels für rechtmäßig erklärt.Eine Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil sei mit Beschluss vom 27. Mai dieses Jahres vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden. „Die juristischen Möglichkeiten sind damit ausgeschöpft“, sagte Weber. Das Problem müsse nun vertraglich oder gesetzgeberisch gelöst werden.
Weber ging außerdem auf die Gerichtsverfahren gegen die Europa Apotheek Venlo (EAV) und den Versandhändler Wellsana Pharma ein. Beide hatten Boni auf rezeptpflichtige Arzneimittel gewährt. Nach sechsjähriger Prozessdauer habe die EAV im Oktober 2013 vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erklärt, dass sie nach Inkrafttreten der gesetzlichen Klarstellung solche Boni nicht mehr anbiete und sich an die Preisbindung halte. Die Verfahrenskosten wurden durch Beschluss Ende Februar 2014 der Europa Apotheek auferlegt.
Seit Ende 2012 führe der BAV außerdem ein weiteres Verfahren gegen die Bonusgewährung der Wellsana Pharma. Auch hier seien alle bisherigen Entscheidungen zu Gunsten des BAV ausgegangen. „Im Moment läuft in der Hauptsache das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München. Wir sind zuversichtlich, auch hier zu obsiegen“, sagte Weber.
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