BAK gegen Kontrahierungszwang bei Sterbehilfe Lothar Klein, 07.07.2020 14:10 Uhr
Ende Februar das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig befunden hat. Noch weiß aber die Politik nicht, wie sie damit umgehen soll. Insbesondere änderte das Urteil nichts an der Auffassung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) keine Anträge auf Erlaubnis zum Erwerb tödlicher Betäubungsmittel bewilligen sollte. In der Zwischenzeit hat Spahn die Verbände um Stellungnahme gebeten. Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat jetzt ihre Position festgelegt und will sich in die politische Diskussion nicht einmischen. Allerdings hält die BAK die Substanz Natrium-Pentobarbital für ungeeignet.
Der geschäftsführende Vorstand habe sich im Juni mit der Suizidassistenz mit Arzneimitteln beschäftigt, heißt es in einer Mitteilung. Inzwischen habe die BAK ihre Position auch an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) übermittelt. „Zu der Frage, ob der Staat die Abgabe eines Mittels zur Selbsttötung regulieren sollte, äußert sich die BAK explizit nicht“, heißt es und weiter: „Die BAK lehnt die in der Diskussion befindliche Substanz Natrium-Pentobarbital als Mittel zur staatlich regulierten Selbsttötung ab. Denn seine tödliche Wirkung tritt nicht immer so wie beabsichtigt ein.“
Apotheker hätten einen Versorgungsauftrag mit Arzneimitteln – die Abgabe einer Chemikalie wie Natrium-Pentobarbital zum Zwecke der Selbsttötung sei davon nicht abgedeckt. Das ergebe sich aus der Bundesapothekerordnung und dem Apothekengesetz. Allerdings: „Die Abgabe einer solchen Chemikalie wäre aber laut Apothekenbetriebsordnung durch die Apotheke zulässig. Ob die Apotheke eine solche Chemikalie abgibt oder nicht, steht damit in der freien Entscheidung des Apothekenleiters.“
Die BAK lehne aber eine eventuelle zukünftige Abgabeverpflichtung oder die Einbindung eines Apothekers im Vorfeld der Entscheidung eines Suizidwilligen ab. Die BAK vertrete hingegen die Auffassung, dass der Staat seine Bemühungen vorrangig darauf richten sollte, die Begleitung der Patienten in der Palliativversorgung zu verbessern.
Im März wollte die FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr vom BMG wissen, ob es seine Anweisung gegenüber dem BfArM weiterhin aufrechterhalten wolle. Gesundheitsstaatssekretärin Sabine Weiss (CDU) antwortete darauf, dass das Urteil des BVerfG nur über § 217 Strafgesetzbuch entschieden und diesen für nichtig befunden habe.
„Die Auslegung des Betäubungsmittelrechts und insbesondere die Frage, ob das BfArM den Erwerb eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung erlauben muss, war nicht Gegenstand des Verfahrens.“
Die Klärung könnte erst in einem zweiten Urteil erfolgen: Denn das BVerfG prüft derzeit die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes. Das Verwaltungsgericht Köln hatte nämlich Zweifel, ob das generelle Verbot, Betäubungsmittel zur Selbsttötung zu erwerben, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Es setzte daraufhin sechs Klageverfahren aus und rief das BVG an, so Weiss in ihrer Antwort.