„Betablocker!“ Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hält begeistert eine Metoprolol-Packung in die Luft, die der Kommissionierer ihm gerade an den HV-Tisch geliefert hat. Nach einer Stunde Praktikum in der Berlin-Apotheke kommt der Minister zu dem Schluss, „dass es sehr aufwendig ist, dass eine gute Beratung aber auch eine Apotheke auszeichnet“. Mit Apotheker Manfred Schneider tauschte sich Bahr auch über die Apothekenbetriebsordnung, die Rabattverträge und natürlich die geplante Honorarerhöhung aus. Nach dem Treffen rauschte der Minister ins Kanzleramt, um die Erhöhung um 25 Cent im Kabinett abzunicken.
Aus Bahrs Sicht sind 8,35 Euro pro Packung eine „adäquate und angemessene“ Vergütung. Ihm sei wichtig, „dass die Apotheken unabhängig beraten können“ und bei der Auswahl der Arzneimittel nicht „kaufmännisch draufgucken“. Deswegen sei eine pauschale Vergütung sinnvoll, die jetzt erstmals seit 2004 angepasst werde. Seitdem sei allerdings auch die Packungszahl um 10 Prozent gestiegen. „Das haben wir eingerechnet“, so Bahr.
Zunächst habe die Regierung bei der Anpassung der Vergütung den Schwerpunkt auf den Fixzuschlag gelegt, erklärte Bahr. „Da war der große Nachholbedarf, deshalb haben wir Prioritäten gesetzt.“ Hiervon würden alle Apotheken profitieren, mit der Notdienstgebühr sollen jetzt vor allem die Landapotheken gestärkt werden. Die Details müssten aber noch geklärt werden. „Es darf keine Fehlanreize geben“ so Bahr.
Eine Landapotheke hatte er sich für sein Kurzpraktikum nicht ausgesucht. Schneider betreibt in der Hauptstadt vier Apotheken mit 75 Mitarbeitern, unter anderem Berlins älteste Apotheke am Hackeschen Markt.
Der Apotheker hat sich auf die Versorgung von HIV- und Krebspatienten spezialisiert, hat ein eigenes Logistikcenter, eine IT-Abteilung und regelt für zwei weitere Kooperationsapotheken auch die Personalverwaltung und den Einkauf. Die Berlin-Apotheke in der Friedrichstraße, einen Steinwurf vom Ministerium entfernt, hat außerdem 24 Stunden geöffnet.
Bahr war deswegen sogar schon einmal Kunde, als er mückengeplagt von einer Abendveranstaltung kam. Heute wollte er unbedingt vor der Kabinettsrunde noch eine Apotheke besuchen – vermutlich auch wegen der Bilder. Der Presseandrang war enorm.
Bahr ließ sich im weißen Kittel am HV-Tisch die Rabattverträge erklären. „Es kann sein, dass sie von einem Wirkstoff zehn Präparate vorrätig haben und der Kunde benötigt das elfte“, erklärte Schneider die alltäglichen Probleme. Trotz Kommissionierautomat mit rund 112.000 Artikeln könne man deshalb nicht immer alles an Lager haben. Seine Apotheke liefere deshalb auf Kundenwunsch sogar nachts aus.
Verwundert blieb der Minister bei seinem Rundgang vor den Teedosen stehen: „Nutzen Sie das noch?“ Über die enormen Investitionen, die mit der Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) auf die Apotheken zukommen, sagte Bahr: „Der Wunsch nach einem verpflichtenden QMS kam von den Apothekern und jetzt werde ich dafür kritisiert.“
Insgesamt ist Bahr froh, dass die Arzneimittelsicherheit in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hoch sei. Nachdem er selbst – mit Unterstützung – einen Kunden beraten hatte, erkannte er den enormen Arbeitsaufwand an. „Es ist aber auch sehr wichtig. Und das macht die Apotheke vor Ort am besten, deswegen wollen wir in diesem Bereich keine Drogerien“, so Bahr.
Allerdings wünscht sich Bahr bei der Beratung mehr Diskretion. „Das ist bei der Post oder bei der Bank anonymer“, so der Minister. Schneider zeigte ihm daraufhin seinen geschlossenen Beratungsraum.
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