Das Thema Pick-up geht Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) offenbar allmählich auf die Nerven: Auf Nachfrage hieß es zuletzt, „dass das Bundesgesundheitsministerium, wie bereits mehrfach mitgeteilt, an einer verfassungsrechtlich tragfähigen Lösung interessiert ist“. Gespräche mit den Verfassungsressorts liefen. Doch das Bundesjustiz- (BMJ) und Bundesinnenministerium (BMI) haben verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen. Die FDP ist in dieser Frage eine erstaunliche Wandlung durchlaufen.
Vor fast genau vier Jahren, am 24. Juni 2008, stellt die FDP-Fraktion im Bundestag einen Antrag mit dem Titel „Auswüchse des Versandhandels mit Arzneimitteln unterbinden“. Darin fordern die Liberalen, Drogerien dürften sich nicht den Anschein einer Apotheke geben können. Deshalb müsse im Gesetz klargestellt werden, dass ein Versand nur unmittelbar an Endverbraucher zulässig sei.
Auf diese Weise könne – so die FDP damals – der Arzneimittelsicherheit Rechnung getragen werden, „ohne die Berufsfreiheit unangemessen einzuschränken“. Der unstreitige Eingriff in selbige sei mit Blick auf den Gemeinwohlzweck „verfassungsrechtlich gerechtfertigt“. Bahr stand als gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion an der Spitze der Bewegung.
Doch der Antrag wurde von der gesamten Fraktion gestellt, persönlich getragen unter anderem von einem gewissen Dr. Max Stadler. Der ist heute Parlamentarischer Staatssekretär im BMJ und hat für seine Chefin, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, das Thema Pick-up beackert. In seinem Brief an Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Flach (FDP) hatte Stadler zuletzt erneut gegen ein Pick-up-Verbot und den neuen Vorschlag der ABDA ausgesprochen – wegen verfassungerechtlicher Bedenken.
Die einfachste Erklärung für diesen Sinneswandel ist, dass die FDP eine verfassungsrechtliche Prüfung seinerzeit überhaupt nicht durchgeführt hat, sondern deren Ergebnis frisch und freidemokratisch behauptet hat. Auf der Oppositionsbank tut man sich damit vermutlich leichter.
Oder aber, die Liberalen haben sich nach eingehender Prüfung schließlich doch überzeugen lassen. Dann wäre es aus demokratischer Sicht aber wünschenswert, diesen gedanklichen Schritt erklärt zu bekommen. Der neue Vorschlag der ABDA wurde jedoch mit einer so knappen Begründung abgeschmettert, dass nicht der Eindruck ein intensiven Prüfung zurückbleibt.
Es könnte auch sein, dass sich der politische Wille der FDP verändert hat. Das wiederum wirft die Frage auf, was oder wer Einfluss darauf genommen hat. Beide Koalitionspartner sind mittlerweile voll auf die Linie der SPD eingeschwenkt, die in der Großen Koalition nur strengere Auflagen für Pick-up-Stellen genehmigen wollte. Bahr wird sich vielleicht darauf einlassen, um am Ende der Legislatur nicht mit leeren Händen da zu stehen.
Die ABDA weiß, dass Pick-up-Auflagen ein gefährlicher Weg sind. Die Drogerien haben nicht umsonst mit so viel Verve um diesen Ritterschlag gekämpft. Trotzdem könnten erste Auflagen der Einstieg in den Ausstieg bedeuten. Die Anforderungen könnten aus Sicherheitsgründen schrittweise angepasst werden, bis sich Pick-up nicht mehr lohnt. Diese Grenze dürfte im Übrigen lange erreicht sein, bevor die Abholstellen das Sicherheitsniveau einer Apotheke auch nur annähernd erreicht hätten.
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