Pharmalobby

BAH/BPI: Verbändefusion abgeblasen APOTHEKE ADHOC, 05.03.2020 15:10 Uhr

Kein Pharma-Merger: Dr. Martin Zentgraf (BPI) und Jörg Wieczorek (BAH) konnten sich nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Foto: BPI/BAH
Berlin - 

Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) und der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) werden doch nicht fusionieren. Die Vorstellungen der Verbände in Bezug auf eine zukünftige gemeinsame Aufstellung seien nicht in Einklang zu bringen gewesen. Die Fusionsgespräche würden nicht fortgesetzt, hieß es.

Die Vorstände dankten den beteiligten Mitarbeitern beider Geschäftsstellen für die intensive Arbeit der vergangenen drei Monate. Beide Verbände wollen in Zukunft „weiterhin vertrauensvoll zusammenarbeiten“.

Kurz vor Weihnachten hatten beide Verbände ihre Fusionspläne bekannt gemacht. In intensiven Sondierungsgesprächen habe man die Möglichkeiten einer zukünftigen Zusammenarbeit diskutiert, hieß es. Als Ergebnis hatten die Vorstände beider Verbände den Mitgliedsunternehmen eine Verschmelzung vorgeschlagen, sodass mehr als 90 Prozent der in Deutschland tätigen Hersteller unter einem Dach vereint würden.

In Anbetracht der gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene eröffne ein gemeinsamer Verband perspektivisch einen echten Mehrwert, hieß es weiter. Im Sommer hätten die Mitgliedsunternehmen entscheiden sollen.

Sogar die oft heiklen Fragen des Personaltableaus schienen bereits geklärt: Die derzeitigen Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen (BPI) und Dr. Hubertus Cranz (BAH) sollten den Verband gemeinsam leiten. Die rund 35 Mitarbeiter des BPI in Berlin und gut 50 Mitarbeiter des BAH in Berlin und Bonn sollten ebenfalls übernommen werden.

Der BAH ist nach eigenen Angaben der mitgliederstärkste Branchenverband der Arzneimittelindustrie in Deutschland. Er vertritt die Interessen von rund 400 Mitgliedsunternehmen, die in Deutschland circa 80.000 Mitarbeiter beschäftigen. Die im BAH organisierten Unternehmen stellen fast 80 Prozent der in Apotheken verkauften rezeptfreien und fast zwei Drittel der rezeptpflichtigen Arzneimittel sowie einen Großteil der stofflichen Medizinprodukte bereit. Im BPI sind 270 Arzneimittelhersteller mit 78.000 Mitarbeitern organisiert. Neben den beiden Verbänden vertritt der VFA die Interessen der forschenden Arzneinmittelhersteller und Pro Generika die Interessen der Generikahersteller.

Inhaltlich kommen sich VFA und Pro Generika naturgemäß nur selten in die Quere. Dagegen treten sich BPI und BAH mitunter auf die Füße: 1989 hatten die beiden Verbände ein Abkommen geschlossen, mit dem dem BAH die Zuständigkeit für den Bereich der Selbstmedikation zugesprochen wurde. Doch infolge der Streichung von OTC-Medikamenten aus der Erstattung dehnte der BAH 2003 seine Aktivitäten auch auf den Bereich der rezeptpflichtigen Arzneimittel aus, mit Ausnahme der patentgeschützten Präparate. Seitdem hat der BAH seine Mitgliederbasis ausgebaut. Der BPI musste dagegen in den vergangenen 15 Jahren einen Mitgliederschwund hinnehmen – statt 300 sind derzeit rund 270 Firmen vertreten.

Im BPI sind zahlreiche Mittelständler wie Bionorica, Cheplapharm, Desitin, Symbiopharm, Verla und Wörwag. In letzter Zeit sind außerdem verschiedene Cannabisfirmen hinzugekommen. Beim BAH sind dagegen große OTC-Hersteller wie Bayer, GSK, Beiersdorf, Dr. Theiss, Galderma, Hermes, Klosterfrau, Merz, Omega, P&G, Pfizer, Pierre Fabre, Queisser, Reckitt Benckiser, Sidroga, Stada und Weber & Weber an Bord. Auch Infectopharm ist beim BAH, Medice ist – wie viele andere Firmen – in beiden Verbänden Mitglied. Die Generikahersteller sind teilweise auch bei Pro Generika.