Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) fordert angesichts der Überschüsse der Krankenkassen eine Einschränkung des Rabattvertragssystems. Die Kassen sollten sich mehr auf die Arzneimittelversorgung konzentrieren, anstatt Rücklagen anzuhäufen, so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Dr. Hermann Kortland.
Kortland stimmt damit in den Tenor von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein. „Die Krankenkassen horten weiter das Geld der Beitragszahler. Sie haben inzwischen das Vierfache der Mindestreserven auf der hohen Kante. Das ist einfach zu viel“, hatte der am Mittwoch in der Bild-Zeitung kritisiert. „Anstatt immer höhere Überschüsse zu erzielen, sollte die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) auch die Versorgungssicherheit in den Fokus nehmen“, kommentiert Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH).
Das Bundesgesundheitsministerium hatte kurz zuvor den Überschuss für die ersten drei Quartale 2018 auf 1,9 Milliarden Euro taxiert. Damit sitzen die GKV nun auf einem Rücklagenberg von 21 Milliarden Euro. Ende Juni hatten die Reserven erstmals die Marke von 20 Milliarden Euro überschritten. Damit hat sich der Überschuss im Vergleich zum 1. Halbjahr, in dem die Krankenkassen ein Plus von 720 Millionen Euro verbuchten, mehr als verdoppelt. Im Durchschnitt entspricht dies laut BMG etwa 1,1 Monatsausgaben und damit mehr als dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.
Zur bequemen Finanzlage der Kassen beigetragen haben auch die Rabattverträge. Um 9 Prozent sind die Einsparungen gestiegen, die die GKV durch sie erzielt hat. Für den BAH ist das der falsche Weg: „Rabattverträge dürfen nicht alleine Einsparungen zum Ziel haben. Krankenkassen müssen auch die Versorgungssicherheit im Blick haben“, sagt Kortland und fordert: „Arzneimittel, bei denen ein Engpass in der Versorgung ein besonderes Risiko darstellen würde, sollten grundsätzlich von Ausschreibungen der Krankenkassen freigestellt sein.“ Das gelte insbesondere für onkologische Arzneimittel. „Rabattverträge sind in diesem sensiblen Versorgungsbereich fehl am Platz und stellen einen Nährboden für zukünftige Versorgungsengpässe dar“, so Kortland. Mit Blick auf das geplante „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) schlägt er eine gesetzliche Vorgabe vor, wonach Krankenkassen mit mindestens drei Herstellern Rabattverträge abschließen müssen. Das würde die Gefahr von Lieferengpässen verringern, so Kortland weiter.
Das Bundesgesundheitsministerium hatte am Mittwoch die Zahlen zum finanziellen Ergebnis der GKV in den ersten drei Quartalen veröffentlicht. Demnach standen Einnahmen in Höhe von etwa 181 Milliarden Euro Ausgaben von etwa 179 Milliarden Euro gegenüber. Die Einnahmen der Kassen sind somit um 3,4 Prozent gestiegen. Alle Kassen konnten laut BMG ihre Finanzergebnisse von Juli bis September steigern.
Die Arzneimittelausgaben sind um 3,5 Prozent gestiegen. Geschuldet ist dies laut BMG weiterhin dem Bereich der innovativen Arzneimittel. Mit 10 Prozent sind die Ausgaben für Heilmittel überproportional gestiegen. „Bei Heilmitteln machen sich vor allem die schrittweise erfolgten Honorarerhöhungen auf Grund des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes bemerkbar, die zu einer deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Heilmittelerbringer beitragen“, so das BMG. Hilfsmittel haben um etwa 5 Prozent zugelegt.
Laut BMG werden die Kassen für das Gesamtjahr 2018 einen Überschuss von etwa 2,5 Milliarden Euro erzielen. „Nach Auswertung der Schätzerkreisergebnisse für 2019 hat das BMG den durchschnittlichen zur Deckung der Ausgaben erforderlichen Zusatzbeitragssatz von 1,0 auf 0,9 Prozent abgesenkt. Der derzeit von den Krankenkassen erhobene durchschnittliche Zusatzbeitragssatz liegt bei 1,07 Prozent. Diese Differenz verdeutlicht den Spielraum, den die Krankenkassen haben, um ihre Versicherten durch Absenkungen der Zusatzbeiträge zu entlasten“, heißt es dazu aus dem BMG. Minister Spahn fordert daher: „Für das kommende Jahr sollten die Kassen alle Spielräume konsequent nutzen, um ihre Zusatzbeiträge zu senken.“
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