EU-Verordnung

BAH: Kahlschlag bei Medizinprodukten

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Athen -

Die EU-Medizinprodukteverordnung ist auf der Zielgeraden – und die Hersteller warnen vor dramatischen Konsequenzen. In dem Bestreben, Hochrisikoprodukte sicherer zu machen, werden auch die Auflagen für stoffliche Medizinprodukte verschärft. Laut Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ist eine ganze Branche bedroht.

Nach zähen Verhandlungen hatten sich die Berichterstatter von EU-Kommission, EU-Parlament und Ministerrat Ende Mai auf einen Kompromiss zur besseren Regulierung von Medizinprodukten und medizinischen Diagnostika (IVD) geeinigt. Die EU-Kommission hatte das Verfahren bereits 2012 nach dem PiP-Skandal angestoßen, um diese Produktgruppe sicherer zu machen. Doch die Verhandlungen zogen sich über zehn Runden und mehrere Präsidentschaften hin.

„Stoffliche Medizinprodukte“, also Zubereitungen, die oral, rektal oder vaginal appliziert werden und sich im Körper verteilen, ohne resorbiert zu werden, haben laut BAH nichts mit Produkten wie Herzschrittmachern oder Implantaten gemein. Doch auch für sie gelten künftig verschärfte Regeln.

Nach dem Kompromiss ist die niedrigste Risikoklasse künftig nur noch für Medizinprodukte wie Gehhilfen vorbehalten; hier können die Hersteller sich selbst zertifizieren. Produkte, die auf der Haut wirken oder in Nase beziehungsweise Mundhöhle eingebracht werden, fallen künftig in die Kategorie IIa. Hier müssen die Hersteller den benannten Stellen umfangreiche Unterlagen vorlegen; allerdings reichen Literaturangaben aus. Betroffen sind Meersalznasensprays, Halspastillen mit Isländisch Moos oder Hyaluronsäure sowie Heilerde.

Produkte, die im Magen-Darm-Trakt wirken oder absorbiert werden, fallen in die Klasse III. Hier sind sogar klinische Prüfungen vorgesehen – völlig unverhältnismäßig, findet BAH-Geschäftsführer Dr. Elmar Kroth: „Obwohl Antacida, Entschäumer, Macrogol, Kohle und Chitosan in all den Jahren nie sicherheitsrelevant aufgefallen sind, gelten für sie plötzlich dieselben Regeln wie für Herzschrittmacher oder künstliche Gelenke, die ein Leben lang im Körper bleiben.“ Dasselbe gelte für Produkte mit Cranberry zur Behandlung von Harnwegsinfektionen.

Beim BAH befürchtet man, dass mit den neuen Regelungen die Branche regelrecht abgewürgt wird. Von der fehlenden Sinnhaftigkeit abgesehen: Viele Produkte seien preiswert, sodass sich der Aufwand für die Unternehmen mitunter gar nicht lohne, so Kroth.

Er sieht aber auch das Problem, dass Anträge von Herstellern gar nicht zeitnah bearbeitet werden können. Denn schon jetzt seien die benannten Stellen an der Belastungsgrenze; kleinere Hersteller seien schon gebeten worden, sich nach einem anderen Zertifizierer umzusehen.

Erschwerend kommt hinzu, dass auch für die benannten Stellen neue Auflagen vorgesehen sind, sodass diese in naher Zukunft erst einmal mit sich selbst beschäftigt sein dürften. Jeder vierte Anbieter habe bereits den Betrieb eingestellt, sagt Kroth. „Hier entsteht ein echter Flaschenhals.“

Noch ist unklar, wann die neuen Regeln in Kraft treten und ob sie auch für den Bestandsmarkt gelten. Ende des Jahres könnte die Verordnung verabschiedet werden, nach drei Jahren endet die Frist für die Anpassung der nationalen Ausführungsbestimmungen. Dann, so fürchtet der BAH, könnten einige Produkte und Hersteller im schlimmsten Fall vom Markt verschwinden.

Laut BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Weiser ist der Markt mittlerweile rund eine Milliarde Euro schwer und damit genauso groß wie der Bereich der Phytopharmaka. Seit Ende der 1990er Jahre hätten sich die Firmen auf die neuen Regeln eingestellt – um nun erneut umdenken zu müssen.

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