Expopharm

Wieczorek: ABDA sollte auf 2hm-Gutachten reagieren APOTHEKE ADHOC, 10.10.2018 10:49 Uhr

München - 

Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) sieht den Apothekenmarkt aufgrund der rasanten Digitalisierung vor großen Herausforderungen. Angesichts der bedrohlichen Situation brauche man „dringend“ Ideen, Vorschläge und Positionen von allen Beteiligten, forderte Vorstandschef Jörg Wieczorek. Von der ABDA wünscht sich der BAH unter anderem „Gegenvorschläge“ zum 2hm-Honorargutachten.

„Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass wir gemeinsam vor riesigen Herausforderungen stehen. Deutschland befindet sich im Angesicht großer gesellschaftlicher Umbrüche wie der Digitalisierung, der Urbanisierung zu Lasten ländlicher Regionen und einer sich dramatisch verändernden Demografie mitten im Wandel. Und dieser Wandel wird nicht spurlos am Apothekenmarkt vorübergehen“, so Wieczorek anlässlich der Eröffnung der Expopharm. Wenn die wichtigen Zukunftsfragen nicht von der Branche selbst beantwortet würden, „dann werden sie auf kurz oder lang für uns beantwortet“. Wieczorek: „Die Weichen werden schon heute gestellt.“

Als Beispiel verwies Wieczorek auf das 2hm-Gutachten. Dieses habe im letzten Jahr „einigermaßen unvermittelt Vorschläge für den Apothekenmarkt formuliert“. Die ABDA habe dem Gutachten zu Recht nur wenig Beachtung geschenkt, denn es sei kaum geeignet, darüber als Basis zu reden. Doch leider nähmen die Auftraggeber des Gutachtens dieses ernst und „jetzt braucht es Gegenvorschläge, um nachher nicht vor vollendeten Tatsachen zu stehen“, forderte der BAH-Chef die ABDA zu einer Reaktion auf.

Auch beim Rx-Versandhandel bestehe dringender Handlungsbedarf: Trotz der Beteuerungen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Apotheke „als einen Teil von Heimat“ zu sehen, würden dem ausländischen Versandhandel nach wie vor wettbewerbsverzerrende Bedingungen eingeräumt, die zu Lasten der deutschen Vor-Ort-Apotheken gingen. Das Problem werde sich noch erheblich verschärfen, wenn Versandhandelsriesen wie Amazon erst richtig in den Markt einstiegen. „Wir können es uns nicht erlauben, nur untätig zuzuschauen“, so der BAH-Vorsitzende: „Ich fordere Herrn Gesundheitsminister Spahn daher auf, endlich den entsprechenden Punkt im Koalitionsvertrag umzusetzen und sich des Rx-Versandhandelsverbots ernsthaft anzunehmen.“

Ziel des BAH sei es, die Vor-Ort-Apotheke „mit all ihren einzigartigen Kompetenzen“ nicht nur zu erhalten, sondern zu stärken – und zwar flächendeckend. Aus Sicht des BAH kommt den Apothekern eine „sehr wesentliche Rolle als Lotsen im Gesundheitswesen“ zu. So könnten Apotheken von morgen zu Gesundheitszentren avancieren, die sich mit beratungsintensiven Dienstleistungen und Produkten vom Versandhandel abgrenzen. Dazu brauche es weitere Rx- Switches, also anspruchsvolle Produkte, die den heilberuflichen Status des Apothekers zusätzlich profilieren.

Wieczorek wiederholte seinen Vorschlag, Grippeimpfungen durch Apotheker vornehmen zu lassen: „Das würde die Impfquote in Deutschland deutlich erhöhen und der Gesellschaft einen echten Mehrwert bieten.“ Apotheker könnten zudem Arzneimittel, die zwar verschreibungspflichtig seien, aber die der Patient bereits gut kenne, im Akutfall auch ohne Rezept abgeben – beispielsweise bei Migräne oder bakteriellen Augeninfektionen. Sinngemäß wäre das wie ein „Akut-Switch“.

Drittens könnten Apotheker bei einer gut eingestellten chronischen Erkrankung selbst Folgeverschreibungen vornehmen. „Das würde Patienten Wartezeiten ersparen und Freiräume für Ärzte schaffen“, sagte Wieczorek: „Lassen Sie uns also gemeinsam dafür kämpfen, dass der individuelle und gesellschaftliche Mehrwert einer guten Arzneimittelversorgung aus der Hand der Vor-Ort-Apotheken auch langfristig gesichert ist. Lassen Sie uns das Ziel nicht aus den Augen verlieren, indem wir vor lauter Risiken nicht die Chancen erblicken. Lassen Sie uns gemeinsam an echten Lösungen arbeiten und eine Arzneimittelversorgung mit Weitblick gestalten. Dann wissen wir, wohin die Reise geht und der Apotheken-Zug gerät langfristig nicht auf das Abstellgleis, sondern bleibt in Fahrt.“