Produktneutrale Verordnungen über Impfstoffe sind laut dem Sozialgericht Stuttgart unzulässig. Beim Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) freut man sich über den Beschluss: „Es ist ein Etappensieg, aber ein wichtiger“, sagt LAV-Geschäftsführerin Ina Hofferberth. Die AOK Baden-Württemberg will sich allerdings noch nicht geschlagen geben und betont, dass Apotheker sowieso den Rabattimpfstoff abgeben müssen.
Eine Apothekerin hatte mit Unterstützung des Verbands gegen die produktneutrale Verordnung von Impfstoffen geklagt und einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Das Sozialgericht hat den Antrag genehmigt und festgestellt, dass solche Verordnungen gegen höherrangiges Recht verstoßen.
„Wir sind sehr glücklich, dass unsere Rechtsposition gestärkt wurde“, so Hofferberth. Das Gericht sei zu 100 Prozent der Argumentation der Apotheker gefolgt und habe seine Entscheidung auch ausführlich begründet. Es sei nun klargestellt, dass die Verordnungsweise unzulässig sei und die Verantwortung für die Auswahl des Impfstoffs nicht einem unbeteiligten Dritten übertragen werden dürfe.Die juristische Auseinandersetzung könnte sich noch hinziehen. Hofferberth hofft, dass sich die drei Parteien in Baden-Württemberg auch außergerichtlich einigen können: „Ich würde mir wünschen, dass die AOK und die KV auf uns zukommen und wir gemeinsam versuchen, eine Lösung zu finden, bei der die Arbeit und die Risiken gerecht verteilt werden. Für Mehrarbeit sollten die Apotheken auch honoriert werden.“ Das Ziel sei, die Rabattverträge auch in der Software abzubilden.
Bei der AOK gibt man sich hingegen kämpferisch: „Die Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart ist längst nicht das Ende der Diskussion“, so ein Sprecher der Kasse. Es handele sich lediglich um eine vorläufige Entscheidung im Eilverfahren, im Hauptsacheverfahren sei noch nichts entschieden. „Die AOK Baden-Württemberg wird selbstverständlich die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ergreifen und ist überzeugt, dass die Auffassung des Sozialgerichts Stuttgart nicht das letzte Wort sein wird.“Der AOK-Sprecher betont, dass die gesetzliche Umsetzungspflicht der Rabattverträge bestehen bleibe: „Dass die Apotheke unrabattierte Impfstoffe nicht abrechnen darf, wenn alternativ rabattierte Impfstoffe abgegeben werden können, ändert sich unabhängig vom Ausgang der aktuellen Auseinandersetzung nicht. Eine Änderung der Schutzimpfungs-Vereinbarung hat keinen Einfluss auf die Erstattungsfähigkeit nicht rabattierter Impfstoffe.“ Ob die Vereinbarung angepasst werde, habe daher keine Bedeutung für die Apotheken.
Das trifft beim LAV auf Kritik: „Ich kann nicht nachvollziehen, wie die AOK weiterhin an ihrer Rechtsauffassung festhalten kann, die das Gericht auf mehr als zwei Seiten widerlegt“, so Hofferberth. Sie betont, dass der Verband allen Apothekern zur Seite stehe, die wegen der Impfstoffe retaxiert würden. „Wenn die AOK gelieferte Impfstoffe nicht bezahlt, wird das wieder vor Gericht gehen“, kündigte Hofferberth an.In der Praxis wird sich die Situation aber zunächst entspannen: Ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) erklärte, dass alle Ärzte über den Ausgang des Verfahrens informiert und dazu angehalten würden, die Impfstoffe nur noch namentlich zu verordnen. Bis das Schreiben formuliert und versendet werde, könne es aber noch einige Tage dauern.
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