Verhindern konnte Michael Theurer den Beschluss des FDP-Parteitages zum Fremdbesitzverbot nicht. Distanzieren will er sich davon aber auch nicht: „Als Demokrat trage ich den Beschluss mit. Aber ich bin inhaltlich anderer Meinung und mache dies öffentlich auch deutlich“, so der im FDP-Präsidium für Mittelstandsfragen zuständige Politiker. Das Votum des FDP-Parteitages zur Abschaffung des Fremdbesitzverbotes trifft den Vorsitzendes des Landesverbandes Baden-Württemberg auch ganz persönlich: Sein Vater, Dr. Günther Theurer, war selbst Apotheker, Chef des Landesapothekerverbands und lange Jahre dessen Ehrenvorsitzender.
„Sie können sich vorstellen, dass das für mich eine ganz besonders schwierige Lage ist“, so Theurer zu APOTHEKE ADHOC. Er habe noch versucht, auf dem FDP-Parteitag die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen, und sich immerhin erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Unterstützung für die Apotheke vor Ort nicht auch noch aus dem FDP-Wahlprogramm gestrichen wurde. „Es ist mir unerklärlich, warum auf dem Parteitag nicht über das Fremdbesitzverbot abgestimmt wurde“, trauert Theurer der verpassten Chance nach: „Wir waren ja keine kleine Minderheit aus Baden-Württemberg mit unserem Gegenantrag.“
Ändern lässt sich am Beschluss nun nichts mehr: „Die Messe ist gelesen, das Wahlprogramm verabschiedet. Aber natürlich nehme ich die Resonanz bei den Apothekern wahr“, so Theurer. Aber auf der andere Seite müsse man auch registrieren, dass es der FDP bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und eine Woche zuvor in Schleswig-Holstein nicht geschadet habe: „Wir haben exzellent abgeschnitten. Diejenigen, die dachten, damit gegen die FDP Stimmung machen zu können, haben sich getäuscht.“
Jetzt müsse die FDP versuchen, wieder mit den Apothekern in einen Dialog zu kommen. Denn der Eindruck, dass die Freien Demokraten nicht mehr hinter der inhabergeführten Apotheke stehen, sei falsch. „Das FDP-Wahlprogramm bietet Ansatzpunkte für den Dialog.“ Die FDP wolle faire Wettbewerbsbedingungen zwischen ausländischen Versendern und inländischen Apotheken. „Wir müssen über diese Bedingungen sprechen“, sagt Theurer, der für die FDP in Baden-Württemberg als Spitzenkandidat auf Listenplatz 1 antritt und damit im Erfolgsfall sicher in den Bundestag einziehen wird.
„Ich werde mich für eine ausführliche Diskussion über die Folgen der Digitalisierung für die verkammerten Berufe einsetzen. Auch Rechtsanwälte und andere sind betroffen. Wie weit soll die Plattform-Ökonomie gehen? Wir müssen bei den Apothekern die Frage zuspitzen: Will der Gesetzgeber die Abgabe von Rx-Arzneimitteln nur real – also persönlich durch einen Apotheker – zulassen oder auch digital übers Internet.“ In Versandapotheken arbeiteten zwar auch Apotheker; „Aber die stehen den Patienten nicht persönlich gegenüber. Das ist eine Grundsatzfrage.“
Ob die FDP die Forderung nach der Abschaffung des Fremdbesitzverbots in denkbaren Koalitionsverhandlungen aufgeben würde, will Theurer so nicht beantworten. Aber auf jeden Fall müsse dem gleichberechtigt eine Zukunftsperspektive für die Apotheke vor Ort zur Seite gestellt werden. „Die FDP will die inhabergeführten Apotheken nicht zur Disposition stellen.“
Auf ihrem Wahlparteitag Ende April hatten die Freien Demokraten nicht nur ein Verbot des Versandhandels von rezeptpflichtigen Arzneimitteln abgelehnt, sondern auch beschlossen, Apothekenketten zuzulassen und dazu das Fremdbesitzverbot abzuschaffen. Mit großer Mehrheit lehnte der FDP-Parteitag nach ausführlicher und teilweise turbulenter Debatte den Antrag des Landesverbandes Baden-Württemberg ab, ein Rx-Versandverbot zu prüfen. Die große Mehrheit stimmte für den von der FDP-Parteiführung um Christian Lindner entwickelten Vorschlag zur Arzneimittelversorgung. Das sorgte in der Apothekerschaft für erheblichen Unmut und löste heftige Proteste aus.
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