Baden-Württemberg

SPD: Apotheker-Gewinn um 23 Prozent gestiegen Lothar Klein, 02.03.2016 10:10 Uhr

Berlin - 

Die meisten Parteien haben in ihren Programmen zur Landtagswahl in Baden-Württemberg die politischen Anliegen der Apotheker links liegen gelassen. Die Apothekerkammer hat nachgehakt und auf fünf „Wahlprüfsteine“ Antworten erhalten. Die SPD sieht den Berufsstand auf der Gewinnerseite mit einem Honorarplus von satten 23 Prozent in zwei Jahren und lobt sich dafür selbst.

Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg wollte wissen, wie CDU, SPD, die Grünen und die FDP zur Rolle der Apotheker beim Medikationsmanagement stehen und was die Parteien für die Verbesserung der Lage der Apotheken zu tun gedenken. Im dritten „Wahlprüfstein“ ging es um die Nachwuchssorgen der Apotheker. Weiter fragte die LAK nach den Postionen zum Verbot des Versandhandels sowie zur Preisbildung für Arzneimittel. Die Antworten der etablierten Parteien zu den „Wahlprüfsteinen“ liegen inhaltlich dicht beieinander. Große Differenzen lassen sich – bis auf den Versandhandel - daraus nicht ableiten, erst recht keine grundsätzlichen oder ideologischen Grabenkämpfe.

In der Antwort auf die Honorarfrage lobt sich die SPD zunächst einmal selbst: Genauso wie andere freie Unternehmer seien die Apotheker – und im Übrigen auch die Sozialversicherungen – besonders von der Wirtschafts- und Bankenkrise betroffen gewesen. „In der Politik haben wir das uns Mögliche getan, um die Krise zu überwinden. Das ist uns nicht nur unter einem SPD-geführten Wirtschafts- und Finanzministerium für den Landeshaushalt, sondern auch für die Wirtschaft gelungen“, so die SPD im „Ländle“. „Ganz besonders“ hätten davon auch die Apotheker in öffentlichen Apotheken profitiert.

Dann freut sich die SPD sich für die Pharmazeuten, dass der „Gewinn vor Steuern pro Apotheke von 105.000 Euro in 2012 auf 129.000 Euro in 2014 in zwei Jahren um fast 23 % (!) gestiegen“ sei. Woher diese Zahlen stammen, lassen die Sozialdemokraten offen. Dieser Anstieg stehe in engem Zusammenhang „mit dem Teilergebnis aus den Gewinnen aus der Vergütung der Gesetzlichen Krankenversicherung“. Hier seien die Gewinne im Vergleichszeitraum von 58.000 Euro auf 79.000 Euro gestiegen, schreibt die SPD. Die Steigerung der Gewinne habe sicher auch damit zu tun, dass „Apothekerinnen und Apotheker heute wirtschaftlicher denken und handeln“. Das sei ein gutes Zeichen für die Branche.

Zur wirtschaftlichen Lage der Apotheken erinnert die CDU ausführlich an die 2013 erfolgte Erhöhung des Fixhonorars um 25 Cent, an den Nacht- und Notdienstfonds sowie an die gesetzliche Fixierung des Kassenanschlags auf 1,77 Euro. Weitere Versprechen gibt es nicht, nur so viel: „Bei Bedarf werden wir aber auch weiterhin dafür sorgen, dass eine faire Honorierung der Apothekenleistungen gewährleistet bleibt.“ Die Grünen sehen keine „Hinweise darauf, dass es bei der Versorgung mit Arzneimitteln in Baden-Württemberg Schwierigkeiten gibt“ und wollen die Entwicklung „weiterhin genau beobachten“.

Die FDP verweist darauf, dass „in der Amtszeit des FDP Gesundheitsministers das Fixhonorar der Apotheker auf 8,35 Euro angepasst“ wurde. Die öffentliche Apotheke benötige Rahmenbedingungen, die für die Freiberuflichkeit ein tragfähiges Fundament bildeten. Erträge aus Mehrleistungen sollten angemessen berücksichtigt werden und nicht vollständig in der Vergütungsanpassung aufgehen, so die FDP.

Beim Thema Versandhandel zeigen sich einige Unterschiede. Für die CDU kommt dem Arzneimittelversand nur „ergänzende Bedeutung“ zu. Bis heute sei der Anteil verschreibungspflichtiger Medikamente am Versandhandel gering. Man werde auch in Zukunft darauf achten, dass die Arzneimittelsicherheit im Versandhandel gewahrt bleibe. Abschaffen will die CDU den Versandhandel nicht.

Die Grünen sehen im Versandhandel hingegen einen Beitrag zur „Sicherstellung einer guten Versorgung und kompetenten Beratung der Patientinnen und Patienten“. „Diese kompetente Beratung ist in unseren Augen durch die sehr vertrauliche telefonische Beratung auch bei Versandapotheken gewährleistet“, so die Grünen. Darüber hinaus wäre ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln europarechtlich nicht haltbar. Der Schutz vor Konkurrenz sei „kein zulässiger Eingriffszweck“. Zudem werde der Versand in Deutschland seit vielen Jahren ohne Schadensfälle praktiziert.

Die SPD verweist auf die politischen Konstellationen in der Großen Koalition. Angesichts der Haltung der Union im Berliner Regierungsbündnis „ist es jedenfalls aktuell für die SPD als Teil der großen Koalition im Bund mehr als schwierig, einen Antrag zur Änderung einzubringen“. Umso wichtiger sei es deshalb, an anderer Stelle für Verbesserung der Sicherheit beim Versandhandel von Arzneimitteln zu sorgen – etwa indem bestimmte Medikamente vom Versandhandel ausgeschlossen würden oder auch das Strafrecht und die Strafverfolgung hinsichtlich gefälschter oder gefährdender Präparate weiterentwickelt werde.

Für die FDP ist die direkte Beratung durch das kompetente Personal in der Apotheke durch ein Telefonat oder das Beilegen entsprechender Hinweise zwar nicht zu ersetzen. Verbieten will sie den Arzneimittelversand aber nicht. Dieser sei in Deutschland bereits streng reguliert. „Wir glauben, dass es für die Apothekerinnen und Apotheker vor Ort mehr Erleichterung brächte, die Pflicht zu Arzneimittelre- beziehungsweise -parallelimporten abzuschaffen als für den Teilbereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel ein Versandverbot einzuführen, das insbesondere im ländlichen Raum teilweise zu Problemen in der Versorgung führen könnte“, so die FDP.

Auf die Frage nach der Rolle der Apotheker beim Medikationsmanagement orientierten sich alle Parteien am kürzlich verabschiedeten E-Health-Gesetz. Für die CDU sind die „Apotheker von Anfang an einbezogen und bei Änderungen der Medikation auf Wunsch des Versicherten zur Aktualisierung verpflichtet“. Auch für die SPD spielen die Apotheker dabei eine „wichtige Rolle“. Allerdings müsse über die Honorierung noch einmal verhandelt werden, so die SPD Baden-Württembergs. Die Grünen verweisen auf die den Apothekern zugewiesene Rolle bei der Aktualisierung des neuen Medikationsplans und sehen keine Notwendigkeit zur Nachbesserung. Die FDP lobt die Kompetenz der Apotheker und empfiehlt als Lektüre das ABDA Perspektivpapier 2030, dass die „richtigen Ansätze“ enthalte.

Um den Nachwuchssorgen der Apotheker wirksam zu begegnen, will die CDU die „Attraktivität der Gesundheitsberufe steigern“ und die Berufsbilder wweiterentwickeln. Die Grünen sehen hier keine Probleme und attestieren der Pharmazie „große Attraktivität“ bei jungen Menschen. Nachwuchsmangel bestehe nicht. Zu diesem Schluss kommt auch die SPD. Schließlich habe der Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg erst kürzlich mitgeteilt, dass es bei den Apothekern „zumindest theoretisch genügend Absolventen [gebe], um ausscheidende Kollegen zu ersetzen“. Die SPD geht davon aus, „dass das Pharmaziestudium auch in Zukunft so begehrt wie heute bleiben wird“. Die FDP hält immerhin eine Überprüfung der Ausbildungs- und Studienplatzkapazitäten für erforderlich.

Die Rückkehr zu Festpreisen für apothekenpflichtige Arzneimittel befürwortet keine der von der LAK befragten Parteien. Die CDU sieht den Preiswettbewerb als Instrument zur Kostendämpfung. Die SPD will zwar verhindern, dass Menschen aufgrund von Rabattaktionen mehr apothekenpflichtige Arzneimittel konsumieren als nötig. „Ob dabei eine Festpreisregelung sinnvoll und auch rechtlich durchsetzbar ist, diskutieren wir gern gemeinsam mit Ihnen als Expertinnen und Experten“, drückt sich die SPD um eine klare Antwort.

Die Grünen sehen eine Rückkehr zur Festpreisregelung „kritisch“. Ziel der „freien Preisbindung“ für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sei mehr Wettbewerb in diesem Bereich, um Krankenversicherungen und Versicherte zu entlasten. Die FDP vertraut auf die Verantwortung der Apotheker. Als freie Heilberufler könnten diese selbst „erkennen und vorleben, dass das Arzneimittel eine sehr wertvolle Ware besonderer Art ist, deren Einsatz und Preisgestaltung wohlüberlegt sein sollte“.

Die Landtagswahl am 13. März verspricht ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen um den Stuttgarter Landtag. Die CDU hat in den jüngsten Umfragen ihren Vorsprung eingebüßt. War vor wenigen Monate ohne die CDU keine Regierungsbildung möglich, so sind knapp zwei Wochen vor dem Urnengang überraschende Konstellationen in Sicht.

Nach den jüngsten Umfragen liegen CDU und Grüne im „Ländle“ jetzt bei 30 Prozent gleichauf – mit leichten Vorteilen für die Grünen. Die SPD wählen wollen nur noch 16,5 Prozent. Die FDP scheint mit 6,5 Prozent sicher im Landtag vertreten und die rechtslastige AfD kommt auf neun Prozent. Ob der erste Grüne-Ministerpräsident Deutschlands, Winfried Kretschmann, wieder mit der SPD regieren kann, ist keineswegs gewiss. Die FDP träumt von einer Ampelkoalition mit Grünen und SPD. Aber auch ein Dreierbündnis mit CDU, SPD und FDP wäre rechnerisch möglich, politisch aber wohl nicht. Politisch fast ausgeschlossen scheint derzeit eine große Koalition Schwarz/Grün oder sogar Grün/Schwarz.