Baden-Württemberg

FDP sucht Kontakt zu Apothekern Lothar Klein, 31.07.2017 11:02 Uhr

Berlin - 

Ende April hatte der FDP-Bundesparteitag nicht nur Nein zum Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln gesagt. Außerdem fordern die Freien Demokraten in ihrem Wahlprogramm die Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes. Anders als die Mehrheit der FDP hatte sich der FDP-Landesverband Baden-Württemberg gegen diese Positionierung stark gemacht. In der jetzt anlaufenden heißen Phase des Bundestagswahlkampfes sucht die FDP in ihrem früheren Stammland wieder den Kontakt zu den Apothekern.

Der FDP-Ortsverband Bad Mergentheim hat jetzt die Apothekerkammer Baden-Württemberg (LAK) zu einer Diskussion gebeten: „Internethandel mit Medikamenten – Apothekensterben?“, lautet das für einen Ortsverband eher ungewöhnliche Thema. Hannes Höltzel, Vorstandsmitglied der LAK Baden-Württemberg, wird dort am 10. August die Argumente der Apothekerschaft vortragen.

Und das kommt nicht von ungefähr: Höltzel ist bei den Gesundheitspolitikern der Landes-FDP kein Unbekannter. Bereits zur Vorbereitung des Wahlparteitages der FDP hatte ihn die Baden-Württembergische FDP in den Landesfachausschuss Soziales geladen. Dort legte Höltzel in einer umfangreichen Präsentation die Argumentation der Apothekerschaft dar. Mit Erfolg: Der Landesverband legte zum Bundesparteitag einen Gegenantrag vor und forderte abweichend von der Parteilinie ein befristetes Rx-Versandverbot.

Durch das EuGH-Urteil sei eine Wettbewerbsverzerrung entstanden, schrieben die Liberalen aus dem Stammland der FDP: „Wir Freie Demokraten fordern ein befristetes Untersagen des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln, damit die Sicherheit bei der Arzneimittelversorgung der Patientinnen und Patienten gewährleistet bleibt.“

Sinn der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) sei ein einheitlicher Preis für verschreibungspflichtige Arzneimittel in allen Apotheken. Damit solle verhindert werden, dass hilfebedürftige Patienten Preise vergleichen müssten. Außerdem solle eine flächendeckende Arzneimittelversorgung gewährleistet werden, stellte sich die Landes-FDP hinter die Argumente der Apotheker. Apotheken sollten in einen Qualitätswettbewerb treten und ein möglicherweise ruinöser Preiswettbewerb für Apotheken verhindert werden, heißt es in der Begründung und weiter: „Die Arzneimittelpreisverordnung ist ein sinnvolles Instrument, um die Versorgung mit Arzneimitteln flächendeckend sicherzustellen. Die Gewährung von Rabatten im Bereich verschreibungspflichtiger Arzneimittel führt zu Rosinenpickerei und Fehlanreizen.“

Der Vortrag Höltzels beim Landesfachausschuss war offenbar so überzeugend, dass der Ortsverband Bad Mergentheim ihn daraufhin für den 10. August zu seinem „Liberalen Forum“ einlud. Der FDP-Ortsverband will die Gelegenheit nutzen, besonders mit den Apothekern der Region ins Gespräch zu kommen. „Interessierte Gäste, besonders auch die Betroffenen, nämlich die Apotheker aus Bad Mergentheim und Umgebung, sind herzlich willkommen“, heißt es in der Einladung. Bad Mergentheinm ist ein Kurort. In der Region gibt es knapp 20 Apotheken.

Ob es gelingt, die Apotheker zu besänftigen, bleibt abzuwarten. Denn seit dem Bundesparteitag ist das Verhältnis der Apotheker zur FDP nachhaltig gestört. Mit großer Mehrheit hatten die FDP-Delegierten nach ausführlicher und teilweise turbulenter Debatte den Antrag des Landesverbandes Baden-Württemberg abgelehnt, ein Rx-Versandverbot zu prüfen. Stattdessen stimmte der Parteitag von der FDP-Parteiführung um Christian Lindner entwickelten Vorschlag zur Arzneimittelversorgung zu.

Ohne Erfolg hatte Ende April dort FDP-Mitglied und Apothekerin Andrea Kanold aus Baden-Württemberg für ein Rx-Versandverbot geworben. Sie sei „in die Höhle des Löwen gekommen, um eine Lanze für die Vor-Ort-Apotheken zu brechen“. Ausländische Versandapotheken seien rein wirtschaftlich orientiert. Die Apotheken vor Ort böten aber mehr. Wenn sich die FDP die Stärkung der Mitte auf die Fahnen schreibe, dann gehörten dazu auch „kleine und kleinste Unternehmen wie Apotheken“, sagte Kanold in der Debatte. „Wir bezahlen unsere Steuern hier“, so die Apothekerin, „wir sind immer für Sie da“. Auch die Apotheken an der Ecke seien „modern und digital aufgestellt“.

Bei den Delegierten fand Kanold aber kein Gehör. Mit 73 Prozent der Stimmen lehnte der Parteitag den Antrag Baden-Württembergs ab. Kanold zeigte sich anschließend enttäuscht von ihrer FDP: „Das war ein rabenschwarzer Tag“, sagte sie im Interview mit APOTHEKE ADHOC. Statt sich vom Image der Klientelpartei reinzuwaschen, sei die FDP jetzt die „Klientelpartei für den Versandhandel“.

Auch der Vorsitzende des FDP-Landesverbandes, Michael Theurer, kritisierte den Beschluss: „Als Demokrat trage ich den Beschluss mit. Aber ich bin inhaltlich anderer Meinung und mache dies öffentlich auch deutlich“, so der im FDP-Präsidium für Mittelstandsfragen zuständige Politiker. Das Votum des FDP-Parteitages zur Abschaffung des Fremdbesitzverbotes trifft den Chef des Landesverbandes Baden-Württemberg auch ganz persönlich: Sein Vater, Dr. Günther Theurer, war selbst Apotheker, Chef des Landesapothekerverbands und lange Jahre dessen Ehrenvorsitzender: „Sie können sich vorstellen, dass das für mich eine ganz besonders schwierige Lage ist“, so Theurer zu APOTHEKE ADHOC.