Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat den von der AvP-Insolvenz betroffenen Apotheken bisher 69 Millionen Euro an Hilfskrediten zugesagt. Demnach wurden 355 Anträge positiv beschieden. Damit sich das AvP-Debakel nicht wiederholt, will die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (Bafin) außerdem zeitnah eine umfangreiche Sonderprüfung bei mehreren Rechenzentren durchführen.
Von den offenen Forderungen der Offizin-Apotheken gegenüber dem insolventen Rechenzentrum AvP sind – Stand jetzt – rund ein Fünftel durch Hilfskredite der KfW gedeckt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor. Demnach wurden 368 Anträge auf Hilfskredite mit einem Gesamtvolumen von 71 Millionen Euro beantragt, von denen 355 in Höhe von zusammen 69 Millionen Euro zugesagt wurden – im Durchschnitt also 190.000 Euro pro Apotheke.
Die Differenz zwischen Anträgen und Zusagen ergibt sich laut Bundesregierung in der Regel nicht durch Ablehnungen, sondern durch zurückgezogene Anträge. Da die Vergabe der Kredite nach dem Hausbankprinzip erfolge, wisse die Bundesregierung auch nichts über Anzahl und Gründe von abgelehnten Kreditanträgen. Erleichterungen bei den Rückzahlungsmodalitäten gebe es allerdings nicht.
Insgesamt belaufen sich die offenen Forderungen laut Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos auf 626 Millionen Euro, 354 Millionen davon entfallen auf die Offizin-Apotheken. „Verantwortlich für die Misere am Apothekenmarkt“, schreibt die FDP-Fraktion in ihrer Anfrage, sei nach ihrer Auffassung auch die staatliche Aufsicht. Denn anders als von der Bundesregierung eingeräumt habe es schon vor einigen Jahren „aufsichtsrelevante Defizite“ bei der AvP gegeben. „Doch die staatliche Aufsicht reagierte nicht beziehungsweise nur zögerlich.“
Dass sich ein solches Finanzdebakel wiederholt, soll insbesondere mit zwei Maßnahmen verhindert werden, führt die Bundesregierung aus: Mit einem Änderungsantrag zum geplanten Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) wollen die Regierungsfraktionen die Rechenzentren künftig verpflichten, offene Treuhandkonten einzurichten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Apotheken ihr Geld auch dann bekommen, wenn ein Rechenzentrum in die Zahlungsunfähigkeit rutscht. Ob die Regelung so Gesetz wird, steht allerdings noch nicht fest. „Das Ergebnis des parlamentarischen Verfahrens bleibt abzuwarten“, so die Bundesregierung.
Parallel dazu soll bald die Sonderprüfung einiger Factoring-Institute anlaufen. Welche das sind, verrät die Bundesregierung genauso wenig wie zuvor die Bafin. „Die Auswahlkriterien für die Prüfungen orientieren sich an der Größe der Unternehmen und der Art der abgerechneten Forderungen“, heißt es nur. „Prüfungsschwerpunkte sollen die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und das Rechnungswesen der jeweiligen Institute sein.“ Unter den Apothekenrechenzentren dürften allerdings ohnehin nur Noventi und Dr. Güldener betroffen sein, da sie als einzige eine Factoringerlaubnis oder Teilbanklizenz der Bafin haben. Die anderen Rechenzentren arbeiten mit einer Freistellung nach dem Kreditwesengesetz (KWG) und werden entsprechend auch nicht von der Bafin kontrolliert.
Bis die Prüfung anläuft, kann es jedoch noch eine Weile dauern: Denn anderthalb Monate nach Verkündung der „Sonderprüfungskampagne“ wurde noch nicht einmal die Ausschreibung des Auftrags begonnen, wie die Bundesregierung einräumt. Denn die Bafin holt sich aufgrund der „hierfür teilweise erforderlichen Spezialkenntnisse im medizinischen Abrechnungswesen“ externe Expertise zur Hilfe. „Die Ausschreibung erfolgt aus vergaberechtlichen Gründen europaweit und richtet sich an Wirtschaftsprüfer beziehungsweise Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.“ Sie beginne, sobald die „vorgelagerten Vorbereitungen“ abgeschlossen sind. Mit ersten Ergebnissen sei dann zum Jahreswechsel 2021/22 zu rechnen – und sollen nach Willen der Bundesregierung unter Verschluss bleiben. Denn sie unterlägen der Verschwiegenheitspflicht gemäß des Gesetzes über das Kreditwesen „und werden daher unter Wahrung der Interessen der betroffenen Institute in der dafür gebotenen Form von der Aufsicht kommuniziert.“
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