Kassen ätzen gegen Apotheker APOTHEKE ADHOC, 08.10.2013 13:22 Uhr
Im Streit um die Aut-idem-Liste drohen die Kassen den Bogen zu
überspannen. Nicht nur die Apotheker, sondern auch die Politiker sind
zunehmend genervt von der Blockadehaltung des GKV-Spitzenverbandes. Dem
Selbstbewusstsein der Verhandlungsführer tut das keinen Abbruch: „Von
uns aus können die Gespräche zeitnah beginnen. Wir hoffen, dass die
Apotheker sich diesmal flexibel zeigen“, poltert Verbandsvize
Johann-Magnus von Stackelberg. „Eine lange Terminfindungsphase wäre
kontraproduktiv.“
Offenbar hatte es im Sommer wegen der Urlaubszeit Probleme gegeben, alle Teilnehmer an einen Tisch zu bekommen. Zwar sind für die Zukunft monatliche Treffen zu einem festen Zeitpunkt eingeplant. Doch in Sachen Aut-idem-Liste pochen die Kassen jetzt auf einen möglichst kurzfristigen Termin: „Wir stehen bereit – mit den Erfahrung der letzten Monaten muss man hier allerdings fragen, ob auch die Apotheker so flexibel sind“, so eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbands.
Warum die Kassen soviel Säure verspritzen, ist fraglich. Denn die Terminfindung ist derzeit das geringste Problem. Zu besprechen gibt es viel, doch viel Spielraum lässt der GKV-Spitzenverband von vornherein nicht: „Problematisch für uns ist nach wie vor, dass Kriterien für eine Substitutionsausschlussliste nicht inhaltlich in Beziehung gesetzt und nicht hierarchisiert werden“, so die Sprecherin. „So gehören zum Beispiel die Blutzuckermessung und die geringe therapeutische Breite für uns inhaltlich zusammen.“
Auch müsse der Fall ausgeschlossen werden, dass medizinische Kriterien mit einer unzuverlässigen Datenbasis doppelt verwertet würden. „Und – auch das ist für uns ein wichtiger Punkt – die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Austauschbarkeit von Arzneimitteln und Darreichungsformen dürfen durch eine bilaterale Vereinbarung zur Substitutionsausschlussliste nicht beschädigt werden.“
Man muss solche Detailfragen nicht verstehen um zu erkennen, dass eine Einigung schwierig wird. Vielleicht spielen gerade die Kassen in Wirklichkeit auf Zeit: Je länger die Aut-idem-Liste auf sich warten lässt, desto länger laufen die Rabattverträgeüber jene Wirkstoffe, die aus Sicht der Kassen vermutlich ohnehin nicht kritisch sind. Schon im Gesetzgebungsverfahren hatten die Kassen die geplante Aut-idem-Liste kritisiert.
„Wir treten seit Wochen auf der Stelle“, monierte schon im Juli DAV-Chef Fritz Becker. Damals hatten sich die Parteien auf fünf Wirkstoffe geeinigt, darunter Phenytoin und Digitalis-Präparate. Opioide dagegen sollen gar nicht in die Liste aufgenommen werden.
Eigentlich hatten die Apotheker die Aut-idem-Liste noch vor der Sommerpause unter Dach und Fach bringen wollen. Doch die Kassen wollten keine Wirkstoff-, sondern eine Kriterienliste – der Deutsche Apothekerverband (DAV) brach Ende Juli entnervt die Verhandlungen ab. Nachdem der GKV-Spitzenverband nun auch noch einen Kompromissvorschlag der Schiedsstelle unter dem Vorsitz von Dr. Rainer Hess abgelehnt hat, müssen die Apotheker also wieder an den Verhandlungstisch.