Das bisherige Verfahren um die Erstellung einer Aut-idem-Liste ist ausgesetzt: Die unabhängigen Vorsitzenden der Schiedsstelle um Dr. Rainer Hess haben ein geplantes Treffen mit den Gutachtern abgesagt. Da sich aufgrund einer Gesetzesänderung künftig der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) um die Aut-idem-Liste kümmern solle, sei eine Fortführung des Verfahrens nicht sinnvoll, so Hess. Er geht aber davon aus, dass die bisher gefassten Beschlüsse der Schiedsstelle weiter gelten.
Nachdem Union und SPD im Koalitionsvertrag angekündigt hatten, die Liste dem G-BA zu übergeben, wollte sich der GKV-Spitzenverband aus dem Schiedsverfahren zurückziehen. Doch Hess setzte durch, dass zumindest ein erster Beschluss gefasst wurde. Schließlich einigte man sich einvernehmlich, dass die Wirkstoffe Ciclosporin und Phenytoin künftig nicht mehr substituiert werden dürfen. Für die Erweiterung der Liste sollten Kassen und Apotheker je einen Gutachter benennen.
Doch in der Zwischenzeit ist der Gesetzgeber einen Schritt weiter: Der Bundestag hat das Pharmapaket der Großen Koalition verabschiedet. Die Überweisung der Substitutionsausschlussliste an den G-BA hatten Union und SPD im Gesetzgebungsverfahren noch per Änderungsantrag eingefügt. Das Gesetz tritt im April in Kraft.
Zwar hatten der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) schon ihre Gutachter benannt. Die Pharmakologen Professor Dr. Bernd Mühlbauer aus Bremen und Professor Dr. Ulrich Jaehde aus Bonn hätten anhand von fünf Kriterien weitere zwölf Wirkstoffe überprüfen sollen. Ihre Empfehlungen über eine etwaige Aufnahme in die Liste wären dann wieder im Schiedsverfahren besprochen worden.
Doch Hess hatte für die Gutachten eine Frist von drei Monaten angesetzt. Je nachdem, wann sich der G-BA nach Inkrafttreten des Gesetzes der Aut-idem-Liste annimmt, hätte es somit zu Überschneidungen kommen können. Das Verfahren wurde daher in Abstimmung mit den Vertragspartnern ausgesetzt. „Sollte das Gesetz wider Erwarten doch nicht kommen, können wir das Verfahren jederzeit wieder aufgreifen“, so Hess.
Die bisherige Arbeit der Schiedsstelle sollte aus seiner Sicht aber nicht vergebens sein. Mit den beiden anderen unabhängigen Vorsitzenden der Schiedsstelle, den Juristen Professor Dr. Ingwer Ebsen und Professor Dr. Christian Starck, hat sich Hess darauf verständigt, dass die bisherigen Beschlüsse aus ihrer Sicht Bestand haben.
Zumindest die Austauschverbote für Ciclospoin und Phenytoin gelten laut Hess ab April. Ob der G-BA auch die fünf erarbeiteten Kriterien übernehme, bleibe abzuwarten, so Hess.
Der GKV-Spitzeverband hatte in der Anhörung zum Pharmapaket durchblicken lassen, dass man die Kriterien lieber enger fassen würde. So sind die Quote der Aut-idem-Kreuze sowie der Rezeptanteil, bei denen die Apotheker pharmazeutische Bedenken geltend machen aus Sicht der Kassen zu „strategieanfällig“.
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