Hess trifft Gutachter Alexander Müller, 03.03.2014 13:46 Uhr
Mit der Erstellung der Aut-idem-Liste soll sich nach dem Willen der Großen Koalition künftig der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) befassen. Doch solange die Gesetzesänderung nicht in Kraft ist, hält der Vorsitzende der Schiedsstelle, Dr. Rainer Hess, an seinem Auftrag fest: Er will sich trotzdem mit den beiden Gutachtern von Kassen und Apothekern treffen.
Hess hatte im Schiedsverfahren einen ersten Kompromiss erzwungen: Die Wirkstoffe Phenytoin und Ciclosporin dürfen ab April nicht mehr substituiert werden. Anhand von fünf Kriterien sollen die Gutachter ein weiteres Dutzend Wirkstoffe überprüfen. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat dazu Professor Dr. Ulrich Jaehde benannt, der GKV-Spitzenverband Professor Dr. Bernd Mühlbauer.
Im nächsten Schritt soll Hess die beiden Pharmakologen über das weitere Vorgehen instruieren. Ein erstes Treffen musste jedoch aus terminlichen Gründen abgesagt werden. Heute soll ein neuer Termin beschlossen werden. Hess hat offenbar nicht vor, die Substitutionsausschlussliste früher als nötig aus der Hand zu geben.
Umsonst wird die Arbeit der Experten vermutlich ohnehin nicht sein: In der Anhörung zur geplanten Gesetzesänderung zeichnete sich bereits ab, dass der Kriterienkatalog aus dem Schiedsverfahren zumindest teilweise übernommen werden könnte. Dasselbe dürfte für die bereits ausgeschlossenen Wirkstoffe gelten.
Laut dem Kompromiss soll der Anteil der Aut-idem-Verordnungen mit entscheidend bei der Auswahl sein. Auch wie oft die Apotheker pharmazeutische Bedenken geltend gemacht haben, soll berücksichtigt werden.
Die geringe therapeutische Breite des Wirkstoffs nach Maßgabe der Kriterien der „Critical Dose Drug“ (CDD) ist das dritte Kriterium, ein obligatorisches Drug-Monitoring des Arzneimittels das vierte. Schließlich können die Gutachter Studien, Ergebnisberichte, wissenschaftliche Veröffentlichungen und Stellungnahmen auswerten.
Die Kassen hätten die Kriterien lieber enger gefasst und sich auf die therapeutische Breite sowie das verpflichtende Drug-Monitoring beschränkt. Entsprechend hatte sich die Arzneimittelexpertin des GKV-Spitzenverbands, Dr. Antje Haas, im Gesundheitsausschuss des Bundestags geäußert. Die Kassen sprachen sich bei der Anhörung für die Verlagerung in den G-BA aus.
Dort wird der GKV-Spitzenverband die Kriterien aber vermutlich eingrenzen wollen: Aut-idem-Kreuze und pharmazeutische Bedenken sollten keine „entscheidungsleitenden Kriterien“ sein, so Haas. „Beide Kriterien sind inhaltlich nicht zuverlässig. Sie sind strategieanfällig und nicht einmal in technischer Hinsicht so zuverlässig, dass man sie für eine Entscheidung nutzen könnte“, sagte Haas am 12. Februar im Ausschuss.
Die beiden bislang von der Substitution ausgeschlossenen Wirkstoffe fallen unter die strengeren Kriterien. Die Gutachter sollen jetzt unter anderem Carbamazepin, L-Thyroxin, Morphin, Phenprocoumon und Valproinsäure prüfen. Ob es dazu noch kommt, hängt auch von dem Ergebnis des Treffens mit Hess ab.