Aut-idem-Liste

Becker will seine Bedenken zurück

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Berlin -

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) berät derzeit die zweite Tranche der Aut-idem-Liste. Verschiedene Antiepileptika und Opioid-Analgetika sollen künftig von der Substitution ausgeschlossen werden. Zusammen mit der ersten Runde wären dann 15 Wirkstoffe auf der Liste. Doch nach den ersten Erfahrungen in der Praxis sind mittlerweile nicht nur die Kassen, sondern auch die Apotheker bestrebt, die Liste möglichst schmal zu halten. In der Jägerstraße will man außerdem das Instrument der pharmazeutischen Bedenken stärken.

Der Druck auf die Politik war groß, als die Schmerzliga eine Petition zum Austauschverbot von Opioid-Analgetika in den Bundestag brachte. Das Schaffung einer Substitutionsausschlussliste wurde beschlossen, der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit ihrer Erstellung betraut.

In den Verhandlungen waren die Rollen zunächst klar verteilt: Die Kassen waren die Bremser, weil sie um ihre Einsparungen aus den Rabattverträge fürchteten. Die Apotheker wollten möglichst viele Wirkstoffe aufnehmen und diese von künftigen Ausschreibungen gänzlich ausnehmen. Damit hätte man Probleme bei einem Wechsel der Rabattpartner vermeiden können.

Der Ausgang ist bekannt: Die Verhandlungen scheiterten, ein zusehends genervter Gesetzgeber übertrug die Sache dem G-BA. Die Apotheker haben seitdem nur noch ein sehr eingeschränktes Mitspracherecht, und die Auswahlkriterien für Wirkstoffe wurden entsprechend den Vorstellungen der Kassen sehr eng gehalten.

So wollte der DAV ursprünglich auch Wirkstoffe aufnehmen, bei den die Apotheker in der Vergangenheit oft pharmazeutische Bedenken geltend gemacht hatten. Die Kassen waren misstrauisch, wie GKV-Vize Johann-Magnus von Stackelberg jetzt verriet: „Wir wissen, wie gut die Apotheker organisiert sind und dass man pharmazeutische Bedenken auch sehr gut herbeiführen kann.“

Seit Dezember sind die ersten Wirkstoffe von der Substitution ausgeschlossen. Ein Austausch ist unter keinen Umständen mehr möglich: Rabattverträge, pharmazeutische Bedenken, Lieferengpässe – nichts von alledem rechtfertigt mehr einen Wechsel des Präparats. Selbst bei Wirkstoffverordnungen muss der Patient in die Arztpraxis zurückgeschickt werden, um sich ein eindeutiges Rezept zu holen. Ganz aktuell haben die Ausfälle des Schilddrüsenpräparats L-Thyroxin gezeigt, dass die Aut-idem-Liste in der Praxis höchst unpraktikabel ist.

Beim DAV hat daher ein Umdenken eingesetzt: Bei der zweiten Tranche haben die Apotheker im Anhörungsverfahren dem Vernehmen nach schon auf die Bremse getreten. DAV-Chef Fritz Becker würde die Liste sogar gerne wieder in der Zuständigkeit der Selbstverwaltung sehen.

Doch davon will weder der GKV-Spitzenverband noch die Politik etwas hören: „Wir wären verrückt, wenn wir das Thema zum dritten Mal anfassen würden“, sagte der CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich in dieser Woche bei einer Veranstaltung des Branchenverbands Pro Generika.

Stackelberg stimmte zu: „Die Arzneimittel-Steuerung aus einer Hand im G-BA hat Charme. Über die Größe der Liste kann man sich unterhalten.“ Denn die anfängliche Idee einer umfangreichen Liste sei letztlich „ein Angriff auf die Kompetenz der Apotheker und Ärzte“, so Stackelberg. Becker fügte hinzu: „Wir sollten die Liste möglichst knapp halten und pharmazeutische Bedenken konsequent nutzen.“

Einig waren sich Becker und Stackelberg darin, dass es eine Lösung für Notfälle geben muss, wenn das Arzneimittel ausgetauscht werden muss. Der DAV-Chef kann sich vorstellen, dass die Apotheker auch in diesen Fällen pharmazeutischen Bedenken geltend machen und dies entsprechend dokumentieren können. „Wir unterhalten uns weiter. Wir sind nicht glücklich, mit dem was wir haben“, so Becker.

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