Wer in der Apotheke arbeitet, dealt im Grunde auch nur mit Drogen, so die Botschaft der neuen Abda-Nachwuchskampagne, die im Februar unter möglichst großer Beteiligung starten soll. Doch die vermeintlich witzige Aktion kommt nicht überall gut an: Schon in den ersten Stunden nach dem Mailingversand wurden erste wütende Beschwerden verschickt.
Mit „großem Entsetzen und auch ein klein wenig Würgereiz“ habe er sich die Kampagnenvorschau „reinziehen“ müssen, schreibt Philipp Merz von der Brüder Grimm Apotheke im hessischen Steinau an die Kommunikationsabteilung der Abda. „Das ist nicht Ihr Ernst, oder?“
Die Apotheken versuchten, einen seriösen – „Wortbedeutung: ernsthaften“ – Job zu machen, so Merz. „In Anbetracht der momentan extrem herausfordernden Arbeitssituation empfinden meine Kolleg:innen und ich die Idee dieser Kampagne völlig unangebracht!“ Für ihn stelle sich daher die Frage: „Wer zum Geier hat sich das denn ausgedacht?“
Er bittet dringend darum: „Stellen Sie diese Kampagne umgehend ein! Und bitte versuchen Sie nicht in unserem Namen cool rüberzukommen!“ Denn, so Merz: „NIEMAND, absolut NIEMAND hat JEMALS so geredet, außer vielleicht die Drogenszene der 90er an der Konstabler Wache! Aber selbst das wäre zu peinlich gewesen!“
Zum Abschluss gibt er ein passendes Zitat seiner Tochter zum Besten: „Papa, du bist so cringe...“ Übertragen auf die Kampagne bedeutet das für ihn: „So wollen wir für unsere Zukunft der Politik gegenübertreten?“ Und dann endet er mit einem sarkastischen Augenzwinkern: „Mit freundlichen greets, yo Philipp Merz (BIG P)“
Auch Cordula Eichhorn von der Rathaus Apotheke in Eppstein bei Frankfurt fordert die Abda auf, die Kampagne sofort einzustellen. Denn aus ihrer Sicht geht so etwas „GAR NICHT!!!!!!!!!!“
„Sollen jetzt die letzten, wichtigen Werte, für die wir Apotheken in der öffentlichen Meinung stehen, wie Verantwortungsbewusstsein, Genauigkeit, Zuverlässigkeit, Ernsthaftigkeit, Rechtstreue und so weiter zerstört werden?“
„Gleichzeitig wird unsere wichtige Arbeit und das dafür notwenige Knowhow auch noch bagatellisiert und obendrein die Kunden diffamiert und trivialisiert“, so Eichhorn weiter. „Und das dann noch voll ‚lustig‘. Meine Kinder (18 und 16) schämen sich fremd für diese peinliche Aktion.“
„Hier im Frankfurter Ballungsgebiet, wo im Notdienst regelmäßig Spritzbestecke verlangt werden, findet die Aktion vielleicht Klientel, die die Aussagen ernst nehmen und dann ‚das gute Zeug‘ von mir wollen und fragen, ob sie für mich ‚ticken‘ können“, so die Apothekerin. „DAS IST NICHT WITZIG!“
Welche Gremien, Abteilungen, Mitgliedsorganisationen oder sonstige Organisationen eingebunden waren, wollte Abda-Sprecher Benjamin Rohrer genauso wenig verraten wie die Höhe des Etats für die Kampagne und weitere geplante Maßnahmen. Auch zur Kritik wollte er keine Stellung nehmen: Bei einem Pressegespräch, zu dem die Abda soeben eingeladen hat, gebe es mehr Informationen dazu. Am kommenden Montag wollen Rohrer, Abda-Vize Mathias Arnold sowie Matthias Cieslak von der Agentur Cyrano über die Kampagne informieren.
Schon im Mai hatten Arnold und die Abda-Kommunikationsabteilung die Kampagne vor Vertreterinnen und Vertretern der Kammern und Verbände vorgestellt. Auch den Segen der Kammern scheint die Aktion zu haben, jedenfalls stellte Thomas Benkert als Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK) die Aktion in seiner Rede beim Pharmacon in Schladming vor.
Wegen der politischen Gemengelage war der Kampagnenplan der Abda zuletzt mehrfach verschoben worden. Aktuell läuft eine Kampagne zum Thema E-Rezept, gegen Ende des Quartals soll die bereits angekündigte Kampagne zu pharmazeutischen Dienstleistungen endlich starten. Ob und welche weiteren Protestaktionen geplant sind, wollte Rohrer nicht verraten. Im Sommer hatte sich die Abda Ärger mit ihrer Postkartenaktion eingefangen.
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