Mit dem Schiedsspruch zur neuen Hilfstaxe sind viele Zyto-Apotheker unzufrieden. In Bayern hat sich als Reaktion jetzt eine Gruppe außerhalb der Verbände zusammengeschlossen. In einer Resolution fordern sie neue Rahmenbedingungen für die Zyto-Herstellung und laden alle entsprechend spezialisierten Kollegen mit eigener Herstellung ein, eine gemeinsame Plattform zu gründen.
21 Apotheker aus Bayern trafen sich jetzt in Langenbruck, südlich von Ingolstadt. Das sind laut Dr. Franz Stadler (Sempt-Apotheke, Erding) mehr als die Hälfte der bayerischen Apotheken, die über ein Reinraumlabor verfügen. Stadler hat das Treffen zusammen mit Dr. Thomas Wellenhofer (Bahnhof-Apotheke, Freilassing) initiiert. Thema des Treffen war, „wie unter den existenzgefährdenden Bedingungen des Schiedsspruches zur Hilfstaxe weiterhin eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten sichergestellt werden kann“.
Die neue Hilfstaxe war im Januar per Schiedsspruch festgelegt worden, nachdem sich der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband in Verhandlungen nicht einig geworden waren. Die Regelung sieht höhere Rabatte für die Krankenkassen vor, die zum Teil rückwirkend gelten. Der DAV hat gegen den Schiedsspruch Klage eingereicht. Von verschiedenen Seiten wurde zudem eine Kündigung der Hilfstaxe gefordert.
Im Lichte dieser Entwicklung haben sich die Apotheker in Bayern zur Arbeitsgemeinschaft parenterale Zubereitungen (ARGE PareZu) zusammengeschlossen. Ironischerweise war das der Name eines Zusammenschlusses der großen Ersatzkassen, als diese exklusive Zyto-Verträge ausgeschrieben hatten. Solche Individualverträge hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich wieder verboten. Stadler hatte selbst immer wieder öffentlich dagegen protestiert.
Die neue ARGE PareZu der bayerischen Zyto-Apotheker sieht sich nicht als Konkurrenz zum DAV oder dem Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA). Doch im DAV, der knapp 20.000 Apotheken vertritt, fühlen sich die 300 Zyto-Apotheker zuweilen schon etwas stiefmütterlich behandelt und selbst im Spezialverband VZA sind die Interessen heterogen. Mit dem neuen Bündnis wollen sich vor allem die Apotheken mit eigener Herstellung organisieren, die parenterale Zubereitungen für Onkologen vor Ort herstellen.
Doch selbst in diesem Kreis herrschte gestern keine Einigkeit: Nach einer intensiven Debatte zeichneten 15 der 21 anwesenden Apotheken eine Resolution mit dem Ziel, „klare Positionen für eine dezentrale, wohnortnahe Versorgung zu beziehen und öffentlich deren Umsetzung zu fordern“. Denn nur diese Versorgungsart könne die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Anforderungen bezüglich Haltbarkeiten und mechanischen Belastungen der Wirkstoffe beim Transport einhalten und die deshalb unabdingbare adhoc-Herstellung gewährleisten, heißt es in einer Mitteilung der Arbeitsgemeinschaft. Einige Apotheker, die ihre Rezepturen auch über weitere Entfernungen verschicken, mochten das nicht mittragen.
Die Initiatoren suchen jetzt bundesweite Unterstützung: Apotheken mit Reinraum und der Resolution zustimmen wollen, sollen sich anschließen und sich bei Stadler oder Wellenhofer melden. „Ziel ist es, eine Plattform zu schaffen, um gemeinsame Projekte durchzuführen und auf diese Weise, die Arbeit unsere Verbände (VZA und DAV) zu unterstützen. Nur wenn wir, die tatsächlich wohnortnah versorgenden Apotheken, gemeinsam unsere Forderungen formulieren, kann entsprechend gehandelt werden.“
Die Resolution „für eine zukunftssichere, flächendeckende ambulante Patientenversorgung mit parenteralen Zubereitungen“ im Wortlaut:
Unsere gemeinsamen Grundlagen sind:
1. Im Interesse der zu versorgenden schwerkranken Menschen steht die Einhaltung valider pharmazeutischer Rahmenbedingungen absolut im Vordergrund.
2. Wir streben daher möglichst kurze Zeitintervalle zwischen Herstellung und Anwendung der zubereiteten Infusionen und möglichst kurze Transportwege zu den zu versorgenden Praxen und Patienten an (praxisnahe Adhoc-Versorgung).
3. Es gelten ausschließlich die Angaben der aktuellen Fachinformationen. Die Pharmazeutischen Unternehmen haften so für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ihrer Wirkstoffe.
4. Wir haben bei Einkauf und Herstellung nichts zu verbergen und stehen für Transparenz.
5. Wir erwarten für unsere Leistung eine angemessene Honorierung.
6. Wir lehnen jede Form von Korruption ab.
Wir fordern:
1. Qualität und Risiko müssen fair entlohnt werden. Eine Neuordnung der momentanen Hilfstaxe Anlage 3 ist daher zwingend.
2. Die Arzneimittelsicherheit hat absoluten Vorrang. Wirtschaftliche Überlegungen dürfen nicht zu Qualitätseinbußen führen.
3. Der geltende Schiedsspruch zur Hilfstaxe Anlage 3 ist zu kündigen. Er enthält gravierende inhaltliche Fehler und muss korrigiert werden. Besonders die rückwirkende Gültigkeit (ab 01.11.2017!), die ein unkalkulierbares finanzielles Risiko darstellt, und die pauschale Rabattierung von Originalia - Rabatte, die nicht zu erzielen sind und die indirekt zu Qualitätseinbußen führen werden - sind abzulehnen.
4. Transparenz muss für alle Beteiligten gleichermaßen gelten. Wir fordern deshalb die unabhängige Überprüfung aller Verträge mit Krankenkassen im parenteralen Bereich und deren Berechnungsgrundlagen.
5. Die vorhandenen Sicherheitslücken zwischen Herstellung und Anwendung parenteraler Zubereitungen müssen geschlossen werden.
6. Transportwege sind offenzulegen.
7. MVZ-Strukturen sind hinsichtlich ihres internen Geldflusses zu überprüfen (verdeckte Korruption).
8. Dazu sind, falls nötig, unabhängige Prüfstellen (Clearingstellen) zu schaffen, die tatsächlich diesen Aufgaben nachgehen.
9. Diese spezialisierten Clearingstellen (länderübergreifend?) sollten über genügend Sachkenntnis verfügen, um Schiedsverfahren (außergerichtlich) zwischen den Beteiligten innerhalb von maximal einem Jahr zu entscheiden.
10. Der Zwischenhandel mit zubereiteten Infusionen ist einzudämmen. Er stellt ein unkalkulierbares Qualitätsrisiko dar und fördert die Intransparenz des Gesamtsystems. Nur Apotheken, die über ein Reinraumlabor verfügen, sollen parenterale Zubereitungen abrechnen dürfen.
11. §11 Abs. 2 ApoG ist zu ändern. Alle parenteralen Zubereitungen (und nicht nur anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen) sind aus Gründen der Arzneimittelsicherheit vom Zuweisungsverbot auszunehmen.
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