Aufatmen beim Phagro: Kein Kostenschub Lothar Klein, 17.10.2019 11:06 Uhr
Aufatmen beim pharmazeutischen Großhandel: Der tägliche Lieferdienst in die knapp 20.000 Apotheken fällt nicht mehr unter das Gesetz zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten (PaketbotenSchutz-Gesetz) von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil. Im jetzt dem Bundestag zur Beratung vorliegenden Entwurf bezieht sich die Nachunternehmerhaftung nur noch auf Paketlieferdienste. Damit drohen dem Großhandel keine weiteren Kostenschübe. Der Phagro begrüßt die Klarstellung.
Die Nachunternehmerhaftung soll laut Gesetzestext „für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt“ gelten. Definiert wird im Gesetz darüber hinaus der Paketbegriff: „Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist die Beförderung von adressierten Paketen, unabhängig von ihrem Einzelgewicht.“ Damit sind laut Interpretation des Großhandelsverbandes Phagro die üblichen Lieferwannen des Großhandels ausgeschlossen. In einer weiteren Gesetzespassage wird zudem ausdrücklich Bezug genommen auf das Postgesetz: „Die im Postgesetz vorgegebene Gewichtsgrenze von 20 Kilogramm für Pakete entspricht jedoch nicht mehr der heutigen Praxis und wird daher für dieses Gesetz nicht übernommen“, heißt es dort. Die Liefertätigkeit des Großhandels ist vom Postgesetz nicht erfasst.
Damit sieht der Phagro einen Erfolg seiner Lobbyarbeit und der des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Im ursprünglichen Gesetzentwurf fehlte der ausdrückliche Bezug zur Beförderung von Paketen: „Mit dem Gesetzentwurf zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten (Paketboten-Schutz-Gesetz) und der damit verbundenen Erstreckung der Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben wird aus der Sicht des Phagro eine eindeutig abgrenzbare Definition der KEP-Branche vom sonstigen Speditions-, Transport und damit verbundenen Logistikgewerbe, insbesondere zum pharmazeutischen Großhandel und den von diesem Beauftragten vorgenommen.“
Der Gesetzentwurf sehe vor, dass „ein Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt“, haftet. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches sei die Beförderung von adressierten Paketen, unabhängig von ihrem Einzelgewicht. „Somit kann zum jetzigen Zeitpunkt und auf der Grundlage des Gesetzentwurfes vom 14. Oktober 2019 eine Betroffenheit des Pharmagroßhandels mit eigenen und beauftragten Zustellunternehmen ausgeschlossen werden, da diese keine Beförderung von adressierten Paketen im Sinne des Postgesetzes zum Zwecke des Transports und der Lieferung von Arzneimitteln an Apotheken vornehmen.“
Die Nachunternehmerhaftung gilt bereits in zwei schwarzarbeitsgefährdeten Branchen, seit 2002 in der Bauwirtschaft und seit 2017 auch in der Fleischwirtschaft und hat sich bewährt. Im Rahmen der Nachunternehmerhaftung – auch Generalunternehmerhaftung genannt – haftet der Generalunternehmer, hier also insbesondere die großen Paketdienstleister, für von seinen Nachunternehmern abzuführende Versicherungsbeiträge gesamtschuldnerisch. Damit soll laut Gesetzentwurf die Solidargemeinschaft der Beitragszahler geschützt und Schwarzarbeit sowie illegale Beschäftigung eingedämmt werden.
Der Generalunternehmer setze gegebenenfalls über eine aggressive Preispolitik gerade erst die Ursache für verbreiteten Missbrauch, begründet die Bundesregierung. Die Nachunternehmerhaftung solle dagegen bewirken, dass er Druck auf seine Nachunternehmer ausübe oder sich vergewissere, dass sie seriös seien. Dies soll mittelbar auch die Nachunternehmer davor schützen, dass sie sich selbst einem Risiko aussetzen.
Der Onlinehandel wachse – und mit ihm die Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP-Branche), argumentiert die Bundesregierug. Inzwischen gäben Paketdienste einen Teil ihrer Aufträge an Nachunternehmer ab, da die Aufträge mit eigenem Personalbestand nicht mehr lösbar seien. Dies führe auch zu Missständen. Nach Erkenntnissen des Zolls komme es in der KEP-Branche regelmäßig zu Verstößen gegen die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns und gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten.