Wie Bayern sichert sich auch Mecklenburg-Vorpommern noch vor der möglichen EU-Zulassung den Zugang zu dem russischen Corona-Impfstoff Sputnik V. Wie Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) am Donnerstag in Schwerin mitteilte, hat sich das Land gegenüber Russland eine Option auf Lieferung von einer Million dieser Impfdosen gesichert. „Wir sind aktuell noch in einer Phase, wo es große Abhängigkeiten von noch zu wenigen Herstellern gibt“, sagte Glawe, der wegen des seit Wochen schleppenden Impftempos im Land in der Kritik steht. Auch Thüringen macht Druck.
Mecklenburg-Vorpommern versuche deshalb auch eigene Wege zu gehen, um das Tempo und die Planbarkeit der Impfungen zu verbessern. Es gehe um einen Vorvertrag, um schneller direkte Bestellungen für Sputnik V auslösen zu können. „Die Kosten belaufen sich voraussichtlich für den Bund auf rund zehn Millionen Euro“, hieß es in der Mitteilung von Glawes Ministerium.
Sputnik V benötigt allerdings noch die Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA). Der Minister äußerte die Hoffnung, dass dies Ende Mai oder Anfang Juni geschehe und der Impfstoff dann auch schnell in Deutschland zum Einsatz kommen könne. „Wir sind interessiert an langfristigen Kooperationen mit Russland. Darüber hinaus prüft das Land, ob im Land ansässige Firmen eine Abfüllung oder Produktion ermöglichen könnten“, sagte Glawe.
Der Vorstoß Mecklenburg-Vorpommerns traf auch bei der Opposition im Landtag auf Zustimmung. „Für eine wirksame und möglichst zügige Bekämpfung der Corona-Pandemie wird jeder geeignete Impfstoff gebraucht“, betonte die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg. Auch wenn der Impfstoff nicht sofort zur Verfügung stehe, könnten mit dessen Lieferung das Impftempo erhöht und mögliche Ausfälle anderer Lieferanten kompensiert werden. Ihre Fraktion fordere seit langem, dass auch in Deutschland der russische Impfstoff eingesetzt werde. „Politische Ressentiments und ideologische Vorbehalte interessieren das Virus eben so wenig wie Ländergrenzen“, erklärte Oldenburg.
Die Bundesregierung habe bei der Impfstoffbeschaffung und bisher auch beim Impfen eklatant versagt, konstatierte AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer. „Die Lösung liegt in der ländereigenen Impfstoffbeschaffung. Immerhin verhandelt Mecklenburg-Vorpommern mit Russland über die Lieferung von einer Million Impfdosen Sputnik V“, so Kramer weiter. Dabei hätten Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und der CDU-Gesundheitsexperte Sebastian Ehlers im Februar ein solches Vorgehen noch ausgeschlossen. Kramer erneuerte die Forderung, das Land solle eine Produktionskooperation mit Russland finanziell unterstützen.
Ehlers betonte, dass der Liefervertrag für Mecklenburg-Vorpommern erst dann wirksam werden könne, wenn die ordnungsgemäße Zulassung des Impfstoffes erfolgt sei. „Kommt es zu der Zulassung, könnten wir die Impfkapazitäten in Mecklenburg-Vorpommern weiter erhöhen. Das wäre eine überaus hoffnungsvolle Nachricht“, so Ehlers.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ist gegen Alleingänge der Länder bei der Bestellung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V. Ramelow sehe die Bundesregierung weiterhin in der Pflicht, einen Rahmenvertrag für den Bezug des Impfstoffs für Deutschland zu schließen, erklärte Regierungssprecher Falk Neubert am Donnerstag in Erfurt auf Anfrage.
Ramelow hatte sich immer wieder dafür ausgesprochen, Sputnik V nach seiner Zulassung in Deutschland einzusetzen. Er habe darüber mehrfach mit Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) gesprochen, so der Regierungssprecher. Ramelow habe deshalb mit Verwunderung auf das Vorpreschen von Bayern reagiert. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte am Mittwoch erklärt, Bayern habe sich mit einem Vorvertrag 2,5 Millionen Impfdosen Sputnik V für den Fall einer EU-Zulassung des Wirkstoffs gesichert.
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) prüft derzeit den Antrag auf Zulassung von Sputnik V in der EU. Im April werden Experten der EMA in Russland zur Begutachtung der Produktion und Lagerung des Impfstoffs erwartet. Russland gab das Mittel bereits Mitte August 2020 als weltweit ersten Corona-Impfstoff für eine breite Anwendung in der Bevölkerung frei. Mittlerweile haben in der medizinischen Fachpresse publizierte Daten dem Mittel hohe Wirksamkeit bescheinigt.
Spahn kündigte unterdessen Gespräche zwischen Deutschland und Russland über die Lieferung des Corona-Impfstoffs Sputnik V im Falle einer EU-Zulassung an. Die EU-Kommission habe am Mittwochabend erklärt, dass sie über Sputnik V nicht Verträge schließen werde wie mit anderen Herstellern wie etwa Biontech. Daraufhin habe er im EU-Gesundheitsministerrat mitgeteilt, bilateral auch mit Russland zu reden. Doch müsse die russische Seite zunächst die für die EU-Zulassung nötigen Daten liefern, sagte Spahn im WDR5-Morgenecho. Zudem erwarte er verbindliche Aussagen, „wann welche Menge konkret nach einer Zulassung auch Deutschland erreichen könnte“.
In Bayern soll eine Firma im schwäbischen Illertissen den russischen Impfstoff produzieren. Eine entsprechende Absichtserklärung für die Produktion und den Import sei unterzeichnet, hieß es am Mittwoch in München. Nach der Zulassung soll der Freistaat 2,5 Millionen Impfdosen erhalten.
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