Das Inkrafttreten des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) lässt noch etwas auf sich warten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat das Gesetz noch nicht unterzeichnet. Nach Angaben des Bundespräsidialamtes wird Steinmeier spätestens Anfang kommender Woche seine Unterschrift leisten: „Es ist auf dem Weg zu seinem Schreibtisch.“
In Kraft treten kann das AM-VSG aber erst nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Dies kann noch ein paar Tage dauern. Denn normalerweise findet eine neue Veröffentlichung erst statt, wenn mehrere Gesetze, Verordnungen oder Bekanntmachungen anstehen. Die letzte Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt erfolge heute. Mit der nächsten Veröffentlichung ist daher in circa einer Woche zu rechnen. Damit tritt dann auch die 100 Millionen Euro Honorarerhöhung für die Apotheker in Kraft. Der Bundesrat hatte das AM-VSG am 31. März 2017 gebilligt.
Für Apotheker bringt das Gesetz eine bessere Vergütung für Rezepturen und den BtM-Dokumentationsaufwand. Fertigarzneimittel und Standard-Rezepturarzneimittel werden beim Festzuschlag und beim Apothekenabschlag gleichgestellt Die Kassen zahlen künftig für Standardrezepturen einen Fixzuschlag von 8,35 Euro. Bei der Abgabe von Betäubungsmitteln soll es laut Gesetz 2,91 Euro geben.
Die Erhöhung des Rezeptur-Honorars summiert sich laut Gesetzentwurf auf 70 Millionen Euro, allerdings inklusive Mehrwertsteuer auf Kassenseite. Die Anhebung des BtM-Honorars von 26 Cent auf 2,91 Euro ergibt in der Summe nochmals rund 30 Millionen Euro. Allerdings: Auf das Rezepturhonorar wird der Kassenabschlag von 1,77 Euro fällig. Neben dem Festzuschlag in Höhe von 8,35 Euro sollen die Arbeitspreise um jeweils einen Euro erhöht werden.
Verlängert wird damit auch die Restlaufzeit der exklusiven Zyto-Verträge der Kassen. Diese läuft drei volle Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes. Kommt das AM-VSG jetzt im Mai, enden die Verträge entsprechend am 31. August. Trotz anders lautender Vorgaben aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) haben mehrere Krankenkassen angekündigt, ihre Verträge in der Übergangszeit notfalls mit Retaxationen durchzusetzen.
Die Gesundheitspolitiker der Koalition hatten erst kürzlich einen Durchbruch im Streit um das AM-VSG erzielt. Die SPD verzichtete auf ihre Forderung nach einer niedrigen Umsatzschwelle bei neuen Arzneimitteln. Die CDU gab beim Thema Vertraulichkeit nach. Der Kompromiss sieht vor, dass es – anders als im Gesetzentwurf von Gröhe vorgesehen – keine Umsatzschwelle für neue Medikamente im ersten Jahr nach der Markteinführung gibt, ab der die Preise auf einen niedrigeren Wert abgesenkt werden müssen. Gröhe hatte 250 Millionen Euro vorgesehen. Jetzt können die Hersteller wie bislang im ersten Jahr der Markteinführung den Preis ohne Umsatzdeckel festlegen. Mit dieser Regelung konnte sich die Union behaupten.
Durchsetzen konnte sich die SPD mit ihrem Nein gegen die der Pharmaindustrie im Pharmadialog zugesagte Vertraulichkeit der verhandelten Erstattungspreise. Auch in Zukunft sollten Ärzte, Patienten und alle anderen wissen, was ein Medikament koste, sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach der Nachrichtenagentur Reuters. Die Industrie hatte auf eine weitgehende Geheimhaltung gepocht, weil die deutschen Beträge bei Verhandlungen im Ausland als Referenzpreise gelten. Die wird es nun nicht geben.
Das Preismoratorium für Arzneimittel soll dagegen wie geplant über 2017 hinaus verlängert werden. Die Hersteller bekommen Medikamente damit weiterhin nur auf dem Stand des Jahres 2009 erstattet. Das Moratorium gilt nun bis 2022 weiter. Vereinbart wurde nach Angaben Lauterbachs zudem eine Meldepflicht für nicht lieferbare Arzneien im Krankenhaussektor. Das AM-VSG ist im Wesentlichen aus dem mehrjährigen Pharmadialog der Bundesregierung mit den Arzneimittelherstellern und der Wissenschaft hervorgegangen.
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