Fischbach: Sicherstellungszuschlag für Landapotheken Lothar Klein, 18.08.2017 09:22 Uhr
Die massive Werbung der niederländischen Versandapotheke DocMorris hat nicht überall den damit verbunden Zweck erfüllt. Im südlichen Ruhrgebiet ging daraufhin bei der CDU-Bundestagsabgeordneten Christel Voßbeck-Kayser so viel besorgte Bürgerpost ein, dass sie jetzt zu einem runden Tisch eingeladen hatte. Auch Ingrid Fischbach (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, nahm daran teil und brachte eine Lösung ins Gespräch, die die ABDA aufhorchen lassen dürfte: Sicherstellungszuschlag.
„Den Versand verschreibungspflichtiger Medikamente zu verbieten, war und ist weiter unsere Intention“, erklärte Fischbach, stellte aber auch klar. „Allerdings ist aktuell nichts Entsprechendes auf dem Wege.“ Union und SPD hatten sich bekanntermaßen nicht auf ein Rx-Versandverbot einigen können. Jetzt muss erst der Ausgang der Bundestagswahl im September abgewartet werden.
„Ich sehe aber auch in Zukunft keinen Paketboten, der Patienten im Notfall an Silvester oder Weihnachten schnell mit Medikamenten versorgt“, sagte Fischbach. Laut der Iserlohner Kreiszeitung hält Fischbach zur Sicherung der Präsenzversorgung auf dem Land Sicherstellungszuschläge für Apotheken künftig für erwägenswert. Mit neuen gesetzlichen Initiativen rechnet sie jedoch nicht vor dem kommenden Jahr.
Das sind neue Töne aus der CDU: Die Idee hatte zuvor schon CDU-Gesundheitsexperte Michael Hennrich aufgegriffen. Hennrich hatte von einem Paradigmenwechsel beim Apothekenhonorar gesprochen: „Wir brauchen neue Instrumente. Mit dem bisherigen Packungshonorar kommen wir nicht mehr zurecht.“ Auf jeden Fall müsse sich etwas ändern, um die ländliche Versorgung zu sichern: „Auch ein Sicherstellungszuschlag ist eine Option“, sagt Hennrich.
Einen Sicherstellungszuschlag hatten bereits die Versandapotheken, die FDP und die Grünen ins Gespräch gebracht. Die ABDA lehnt dies ab. In ihrem Wahlprogramm spricht sich die Union noch klar für das Rx-Versandverbot aus. Möglicherweise deutet sich in den Aussagen der beiden CDU-Politiker aber eine Abkehr an, falls nach der Bundestagswahl in der neuen Koalition ebenfalls keine Umsetzung des Rx-Versandverbotes möglich ist. Immerhin vertritt Fischbach als Staatssekretärin auch die Position des Bundesgesundheitsministeriums.
Anlass für den runden Tisch in Iserlohn war die Sorge der Menschen im Kreis: Der zunehmende Online-Handel könne für ein Sterben von Apotheken sorgen, möglicher Kahlschlag und Versorgungsengpässe im ländlichen Raum inklusive. „Das Apothekensterben hat doch längst begonnen“, sagte ein Apotheker aus dem Kreis, „geht es mit dem Versand einfach so weiter, wäre das der Todesstoß für viele von uns“, sagt der Mann nach einem Bericht der Inserlohner Kreiszeitung. Laut dem Iserlohner Apotheker Dr. Till Ossenkop hätten in Iserlohn, Hemer und Letmathe in den vergangen zehn Jahren allein sieben Apotheker das Handtuch geworfen.
Voßbeck-Kayser äußerte zudem Zweifel daran, dass die notwendige Lückenlosigkeit bei der Kühlkette bestimmter Medikamente von den Paketzustellern sicher gewährleistet werden kann. „Wenn Medikamente falsch und ohne richtige Anleitung eingenommen werden, entwickeln die Erreger schnell Resistenzen“, mahnte ein Mitarbeiter der St.-Elisabeth-Hospital-Apotheke.
Über die Realität des Apothekengeschehenes informierte sich die CDU-Bundestagsabgeordnete Rita Stockhofe in der Medicum-Apotheke in Oer-Erkenschwick. Die Apotheker Volker und Barbara Mattern empfingen die CDU-Bundestagsabgeordnete. Im Labor erklärte Barbara Mattern, wie aufwendig es ist, eine Rezeptur herzustellen und welche Dokumentationspflichten den Apothekern auferliegen: „Es gibt sehr viel zu berücksichtigen, über jeden Schritt muss Protokoll geführt werden.“
Zentrales Gesprächsthema war aber auch hier das Urteil des europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom Oktober vergangenen Jahres. „Das gefährdet unsere Existenz und die aller Apotheken“, betonte Apotheker Mattern. Während die Apotheken individuelle Rezepturen herstellen sowie Nacht-und Notdienste leisten – beides sind Zuschussgeschäfte – beteiligen sich die ausländischen Versender nicht an diesen Gemeinwohlpflichten.
Stockhofe sieht die Gefahr, dass die Qualität auf der Strecke bleibt: „Der persönliche Kontakt zum Patienten ist äußerst wichtig, insbesondere, wenn es um Arzneimittel geht“, bestätigte die Abgeordnete, „durch Boni wird nur ein Fehlanreiz geschaffen, mit Krankheit Geld zu verdienen. Auch wenn wir Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich skeptisch sehen, müssen wir hier dringend handeln. Der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Gröhe zum Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist genau der richtige Weg, der leider gerade von der SPD blockiert wird“, so Stockhofe.