Arzneimitteltherapiesicherheit

ARMIN ab Juli mit Medikationsmanagement

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Berlin -

Nach zweijährigen Vorarbeiten, Verzögerungen und Schwierigkeiten startet die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN) am 1. Juli mit dem Medikationsmanagement. Die Medikationsmanagement richtet sich an Patienten, die bei der AOK Plus versichert sind und fünf und mehr Medikamente nehmen. Zum Start ist das Interesse der Apotheker ausgeprägter als das der Ärzte. Die AOK Plus hat als Anschubhilfe bislang drei Millionen Euro in das Modellprojekt gesteckt und erhofft sich davon Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben und Krankheitsfolgekosten.

Nach Angaben der beteiligten Partner – neben der AOK Plus die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und Landesapothekerverbände (LAV) – haben sich in Thüringen 361 der 1500 Ärzte und 471 von 565 Apotheken eingeschrieben. Im Nachbarland beteiligen sich 501 von rund 1000 Apotheken und nur 215 der gut 2000 Hausärzte. In Sachsen verweigert der Hausärzteverband seine Teilnahme an ARMIN.

Laut AOK Plus können 300.000 Versicherte der Kasse das neue Medikationsmanagement beanspruchen. Dafür müssen sie sich bei einem teilnehmenden Arzt oder Apotheker anmelden. Für die Aufnahme der Medikation erhalten Apotheker und Arzt im ersten Quartal 97,30 Euro und in jedem Folgequartal 22 Euro für die weitere Betreuung.

Herzstück von ARMIN ist ein elektronisch gestützter Medikationsplan. Dieser basiert auf dem IT-Netzwerk der Kassenärzte. Über einen ARMIN-Server können die Medikationsdaten zwischen Ärzten und Apothekern ausgetauscht werden. Die AOK Plus speist in dieses System die ihr vorliegenden Arzneimitteldaten der letzten sechs Monate der teilnehmende Patienten ein. Arzt und Apotheker prüfen dabei gemeinsam die Medikation auf Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten. Der Arzt kann daraufhin die Medikation anpassen.

Ab 2017 können sich auch andere Krankenkassen in das Projekt einkaufen. Es soll bereits Intersesenten geben. Die Beteiligten sehen ARMIN „als Blaupause“ für den im E-Health-Gesetz vorgesehenen Medikationsplan auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). „Mit ARMIN haben wir etwas geschaffen, was bisher im deutschen Gesundheitswesen kaum realisiert wurde. Zwei Heilberufler unterschiedlicher Profession können auf elektronischem Wege unter Beachtung des Datenschutzes sensible Patientendaten austauschen“, so Klaus Heckemann, Vorsitzender der KV Sachsen. ARMIN sei der eGK dabei schon einen Schritt voraus.

„Arzt und Apotheker arbeiten eng zusammen und stellen so gemeinsam auf dem geschützten Server eine möglichst vollständige Liste der aktuellen Medikation zusammen“, so sein Kollegin aus Thüringen, Annette Rommel. In der gemeinsamen Pressekonferenz schimmerte jedoch der Konflikt zwischen Ärzten und Apothekern um die Vorherrschaft beim Medikationsmanagement trotz großer Einigkeit durch.

„Die Therapiehoheit ist für Ärzte ein wichtiges Thema“, betonte Rommel. Mit den Apothekern hätten die Ärzte einen „starken Partner an ihrer Seite“, ergänzte Heckemann. Bei Meinungsverschiedenheit über die richtige Medikation entscheide am Ende immer der Arzt. Dagegen betonte Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbandes, es sei „der wichtigste Kerngedanke von ARMIN, dass Arzt und Apotheker den Patenten gemeinsam und intensiv betreuen. Wir Apotheker nehmen bei der Arzneimitteltherapiesicherheit eine zentrale Rolle ein.“

Insgesamt besteht das Modellprojekt ARMIN aus drei Stufen: der Wirkstoffverordnung, dem Medikationskatalog und dem zum 1. Juli startenden Medikationsmanagement. Inzwischen sind 171 Monosubstanzen und 17 Kombinationen für die Wirkstoffverordnung gelistet, dazu ein Medikationskatalog mit aktuell zwölf Indikationen. In der Testphase wurde das neue Medikationsmanagement mit zwei Patienten gübt.

Nach übereinstimmender Darstellung aller Projektteilnehmer war die Umsetzung des dritten Moduls der „schwierigste und langwierigste“ Teil. 2014 waren zunächst die Wirkstoffverordnung und der Medikationskatalog an den Start gegangen. Der Start des Medikationsmanagements war ursprünglich für 2015 geplant, verzögerte sich jedoch aufgrund technische Probleme. „Die Schaffung einer sicheren und anwenderfreundlichen digitalen Lösung zur Patientenbetreuung gestaltete sich als sehr anspruchsvoll und langwierig“, so der Vorstandsvorsitzende des Thüringischen Apothekerverbands, Stefan Fink: „Das ist wie in einer Ehe, man löst plötzlich Probleme, die man vorher nicht hatte.“ Vor allem die Umsetzung der Software für Ärzte und Apotheker sei „nicht lapidar“ gewesen.

Das Modellprojekt soll zunächst bis 2018 laufen. Für AOK-Chef Rainer Striebel ist das aber nicht das Ende von ARMIN: „Wir haben Geduld. Die anfängliche Zurückhaltung der Ärzte ist kein besonderes Problem.“ Mit ARMIN will die AOK Plus 75.000 ihrer Patienten mit Polymedikation erreichen.

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