Arzneimittelstudien

Montgomery warnt vor „Ethik-Shopping“ dpa, 21.02.2013 14:27 Uhr

Kritik an Arzneimitteltests: Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery befürchtet, dass Konzerne sich die Länder mit den niedrigsten Prüfstandards aussuchen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die EU-Kommission will Medikamententests an Menschen erleichtern und stößt damit auf scharfe Kritik aus Politik und Ärzteschaft. Der Europaabgeordnete Dr. Peter Liese (CDU) und der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery, warnten vor einem niedrigeren Schutzniveau für Probanden und Patienten, die diese später genehmigten Medikamente einnehmen.

Zentraler Kritikpunkt für Liese und Montgomery ist die Funktion der Ethikkommission. Künftig könnte deren Unabhängigkeit aufgeweicht werden, warnte Liese. Die EU-Kommission sieht die Unabhängigkeit hingegen gewährleistet. Unterstützung bekommt Liese aus dem Bundestag, wo eine fraktionsübergreifende Initiative bereits Ende Januar das EU-Regelwerk als mangelhaft kritisiert hatte.

Die meisten Pharmatests an Menschen werden in mehreren Ländern durchgeführt, um genug Probanden zu erhalten. Bei den Tests soll künftig ein Land federführend sein. „Der Test wird eben auch in Deutschland durchgeführt, selbst wenn die Experten dort sagen, es ist zu riskant“, sagte Liese.

Zwar hätten die EU-Staaten die Möglichkeit, sich in solchen Fällen aus dem internationalen Verfahren zu verabschieden. Dafür gebe es aber recht hohe Auflagen, bemängelt Liese. Ärztevertreter Montgomery warnte vor einem „Ethik-Shopping“, wenn Firmen sich die Länder mit den niedrigsten Prüfstandards als Anlaufstelle aussuchen könnten.

Auch die von der Kommission vorgeschlagenen neuen Regeln für Tests an Kindern, Demenzkranken und Behinderten bereiten Kritikern Unbehagen. Liese findet es unverständlich, dass die Kommission hierfür Regeln neu formuliert, anstatt bestehende Vorschriften beizubehalten. Das Schutzniveau dürfe nicht sinken.

Die neue Verordnung soll die Regeln für Europas Pharmabranche vereinheitlichen. Für Versuche, die teilweise außerhalb Europas stattfinden, sollen zudem die gleichen Standards gelten. Damit will die EU-Kommission die Verlagerung solcher Tests in ärmere Länder wie Indien oder nach Afrika stoppen: In den vergangenen fünf Jahren sank die Zahl von Pharmatests an Menschen in Europa um etwa ein Viertel.

Auf Deutschland trifft dies allerdings nicht zu: Dort ist die Zahl der Tests den Angaben zufolge stabil. Die Pläne für gleiche Standards in außereuropäischen Staaten sehen Liese und Montgomery positiv.