Arzneimittelsicherheit

ABDA testet Medikationsplan

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Berlin -

Patienten sollen ab Herbst 2016 Anspruch auf einen Medikationsplan haben – so sieht es der Referentenentwurf zum E-Health-Gesetz vor. Doch noch gibt es viele offene Fragen zur Umsetzung. Unklar ist beispielsweise, woher die Hausärzte Informationen über die Selbstmedikation der Versicherten nehmen sollen. Auf die bislang gesammelten Erfahrungen nimmt der Entwurf kaum Bezug. Die Zeit bis zur geplanten Einführung wollen Ärzte und Apotheker nutzen, um weitere Untersuchungen und Tests durchzuführen.

Laut Gesetzentwurf sollen Versicherte, die mindestens fünf verordnete Arzneimittel anwenden, ab Oktober 2016 einen „Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans in Papierform durch den Hausarzt“ haben. Darauf sollen die verordneten Arzneimittel, die Selbstmedikation und relevante Medizinprodukte dokumentiert werden. Der Hausarzt hat den Medikationsplan zu aktualisieren, sobald er die Medikation ändert oder er Kenntnis davon erlangt, „dass eine anderweitige Änderung der Medikation eingetreten ist“.

Verantwortlich für die Umsetzung sind laut Gesetzentwurf Ärzte und Apotheker, die sich dabei mit dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) abstimmen. Gelingt das bis Ende April 2016 nicht, soll ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden.

Wie der Medikationsplan aussehen soll, haben Apotheker, Ärzte, Kliniken, Patientenvertreter und Pflegekräfte im Rahmen des Aktionsplans Arzneimittelsicherheit (AMTS) schon gemeinsam erarbeitet. Ziel sei es gewesen, ein einheitliches Formular zu entwickeln, das „jede Arztpraxis, jede Apotheke und jedes Krankenhaus erstellen, einlesen, ändern und ausdrucken kann“, so Professor Dr. Martin Schulz, ABDA-Geschäftsführer für den Bereich Arzneimittel, beim Kongress des Bundesverbands Managed Care (BMC).

Herausgekommen ist eine Tabelle, in der zu jedem Arzneimittel Wirkstoff, Handelsname, Stärke, Darreichungsform, Einnahmezeitpunkte, die Einheit (zum Beispiel Stück bei Tabletten, Hub bei Spray, Messlöffel) sowie Einnahmehinweise und -gründe vermerkt sind. Die Daten werden zusätzlich als 2D-Barcode hinterlegt, sodass sie mit einem Scanner eingelesen und in die jeweilige Software übertragen werden können. Auf diese Weise ist beispielsweise die PZN verschlüsselt.

An dem Plan und seiner technischen Umsetzung arbeiten die Beteiligten in der Koordinierungsgruppe bereits seit einigen Jahren. Auf die jetzige Fassung haben sie sich geeinigt und den Plan nun als „ausdruckbares Dokument“ definiert, das einem Patienten „nach der Beratung zur Anwendung eine korrekte Einnahme beziehungsweise Anwendung seiner Arzneimittel einschließlich der Selbstmedikation ermöglicht“.

Der Plan soll künftig bundesweit verbindlich sein. Das begrüßt Schulz: „Ich halte das für enorm wichtig.“ Die Kritik an der Papierform lässt der ABDA-Geschäftsführer nicht gelten: Schließlich richte sich der Plan in erster Linie an die Patienten. Künftig soll eine Medikationsliste außerdem auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) hinterlegt sein.

Der neue Plan soll künftig auch im Rahmen des Modellprojekts ARMIN eingesetzt werden. In Sachsen und Thüringen erproben Apotheker und Ärzte seit einem halben Jahr Wirkstoffverordnungen und Medikationslisten, in den nächsten Monaten soll das Medikationsmanagement hinzu kommen.

Ein erster Schritt zu diesem Mehr an Betreuung ist der Medikationsplan, den Apotheker und Ärzte bei ARMIN gemeinsam erstellen: Der Apotheker erfasst zunächst die Gesamtmedikation und bewertet sie. Die kommentierte Medikationsliste erhält der Arzt, der sie prüft und dem Patienten mögliche Änderungen erläutert. Gepflegt werden die Angaben dann wieder in der Apotheke.

Für diesen Prozess seien insgesamt 30 Minuten angesetzt, für die Arzt und Apotheker vergütet würden, so Schulz. Er erklärte, der Medikationsplan sei nicht das Ziel, sondern ein Teil des Medikationsmanagements – für das insgesamt anderthalb Stunden und ebenfalls eine Vergütung vorgesehen seien – und das über ein Jahr laufen solle.

Die Vorarbeit, die in dem ursprünglich als ABDA/KBV-Modell gestarteten Projekt geleistet wurde, fließt allerdings kaum in die Gesetzgebung ein, zumindest nach dem derzeitigen Stand: Denn obwohl in Sachsen und Thüringen Ärzte und Apotheker gemeinsam am Medikationsmanagement arbeiten, ist in dem Gesetzesentwurf lediglich von Hausärzten die Rede.

Kritisch sieht Schulz auch die Vorgabe, dass nur Versicherte mit mindestens fünf Arzneimitteln Anspruch auf einen solchen Plan hätten. Bei ARMIN werde der Medikationsplan aber auch für Patienten ausgestellt, die zwar weniger als fünf Arzneimittel erhielten, bei denen Arzt oder Apotheker aber einen Bedarf sähen. Aus seiner Sicht muss das E-Health-Gesetz entsprechend erweitert werden.

Ein wenig Einflussmöglichkeiten auf die weitere Entwicklung haben die Apotheker noch, sowohl im Gesetzgebungsprozess als auch bei der künftigen Ausgestaltung. Der Medikationsplan soll nun einem ersten Praxistest unterzogen werden: Die ABDA führt derzeit in Sachsen und Thüringen parallel zu ARMIN ein Pilotprojekt durch, bei dem die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Plans untersucht werden. Ziel ist es, vor den Hauptuntersuchungen Hinweise auf Verbesserungen zu erhalten.

Anschließend wird der Medikationsplan bis September 2016 in drei Testregionen in Deutschland erprobt – Sachsen, Thüringen und Nordbayern. Auch an diesen Evaluationsprojekten ist die ABDA beteiligt. Dafür stellt die Regierung 700.000 Euro zur Verfügung. In dieser Phase soll der Plan in die Apotheken- und Praxissoftware integriert und von einer Auswahl an Leistungserbringern genutzt werden. Dabei soll es – vor der bundesweiten Implementierung – um Fragen der Akzeptanz und Praktikabilität gehen.

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