Die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) gilt nicht für Krankenhausapotheken. In Einzelfällen führt dies zu deutlich höheren Preisforderungen bei der Behandlung von Krebspatienten. Das ist aber rechtens. Eine private Krankenversicherung verlor jetzt einen Prozess gegen eine Bremer Klinik wegen der Abrechnung von Zytostatika. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will nun prüfen, ob es Korrekturbedarf bei der AMPreisV gibt.
Nach Ansicht der PKV hatte das Evangelischen Diakonie-Krankenhaus in Bremen die Kosten für eine ambulante Zytostatika-Therapie zu überhöhten Preisen abgerechnet. Die Kasse forderte die Herausgabe des Differenzbetrags zu den niedrigeren Zyto-Preisen einer Offizin-Apotheke in Höhe von knapp 44.000 Euro und klagte. Das Landgericht Bremen wies diese Forderung mit Bezug auf die AMPreisV zurück.
Grundsätzlich dürfe die Klinikapotheke im Rahmen ambulanter Behandlungen in der Klinik Arzneimittel abgeben. Die Befugnis zur Medikamentenabgabe gelte zudem für alle Patienten, nicht nur für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dem Apothekengesetz (ApoG) sei grundsätzlich eine Differenzierung zwischen der Versorgung von gesetzlich und privat Versicherten fremd. Voraussetzung für die Arzneimittelabgabe sei allerdings, dass das Krankenhaus dazu ermächtigt sei, so das Gericht. Dies war in Bremen der Fall.
„Auch die Preisfestsetzung durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden“, urteilten die Richter. Die Begrenzung der Apothekenzuschläge der AMPreisV gelte nicht für Krankenhausapotheken. Darin sahen die Richter eine „klare gesetzliche Anordnung“. „Die Beseitigung der vom Kläger beklagten Ungleichbehandlung von Offizin-Apotheken und Krankenhausapotheken müsste, soweit gewollt, durch den Gesetzgeber erfolgen“, so die Richter. Der Fall liegt nun beim Oberlandesgericht Bremen (OLG).
Das Bundesgesundheitsministerium will vor einer Entscheidung über eine Klarstellung in der AMPreisV das Urteil der OLG Bremen abwarten: „Das Bundesgesundheitsministerium prüft den Sachverhalt. Nach Kenntnis des BMG wurde gegen das Urteil des LG Bremen Berufung eingelegt. Diese bleibt abzuwarten“, so eine Stellungnahme.
Die AMPreisV regele auch die Preisspannen und Preise für besondere Leistungen der Apotheke bei der Abgabe von Arzneimitteln. Ausgenommen seien die Preisspannen und Preise der Apotheken, wenn es sich um eine Abgabe durch Krankenhausapotheken handele, so das BMG. Das Ministerium verweist auf § 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 der AMPreisV.
Das Nicht-Gelten der AMPreisV für die Abgabe durch Krankenhausapotheken habe zur Folge, dass Krankenhäuser beim Arzneimitteleinkauf nicht an den einheitlichen Abgabepreis der pharmazeutischen Hersteller gebunden seien, so das BMG. Sie könnten die Einkaufspreise vereinbaren.
In den Fällen der ambulanten Behandlung von Beihilfeberechtigten oder privat Versicherten durch ein Krankenhaus gelte auch für die dabei von der Krankenhausapotheke abgegebenen Arzneimittel nicht die AMPreisV, bestätigt das BMG den Sachverhalt. „In der bisherigen Praxis führt die Möglichkeit des Abweichens von der AMPreisV für Krankenhäuser überwiegend nicht zu überhöhten Preisen“, heißt es aus Gröhes Ressort. Das Problem hat aus Sicht des BMG also keine große Relevanz.
Jürgen Bieberstein, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), kennt außer Bremen keinen anderen Fall von überhöhter Abrechnung. Trotzdem würde er es begrüßen, wenn das BMG für eine einheitliche Abrechnungspraxis auf dem Niveau der Offizin-Apotheken sorgen würden: „Dann gibt es solche Fälle nicht mehr.“ Für die Rechnungsstellung in Bremen sei zudem nicht der verantwortliche Krankenhausapotheker, sondern die Geschäftsführung der Klinik zuständig gewesen, so der ADKA-Geschäftsführer.
Sollte die Bremer Abrechnungspraxis Schule machen, fürchten die privaten Krankenversicherer eine Kostenexplosion. Circa 300 Millionen Euro bezahlt die PKV jährlich für Zytostatika.
APOTHEKE ADHOC Debatte