Arzneimitteldaten

Apotheken-EDV: Kassen drohen mit Kontrolle

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Berlin -

Der GKV-Spitzenverband hat die Pharmahersteller eindringlich aufgefordert, korrekte Arzneimittelangaben an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), die Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IfA) sowie an die Kassen zu melden. „Es ist festzustellen, dass eine Reihe pharmazeutischer Unternehmen die notwendige Gewissenhaftigkeit vermissen lassen, zu der diese bei der Meldung von Darreichungsformen verpflichtet sind“, heißt es in einem Brandbrief an die Pharmaverbände. Der GKV-Spitzenverband vermutet hinter der Nachlässigkeit Wettbewerbsgründe.

Probleme bereiteten insbesondere Artikeldaten zu den Darreichungsformen sowie Angaben zum Artikelstatus. Die Daten seien „sehr häufig fehlerhaft“, kritisiert der GKV-Spitzenverband. Die IfA-Daten bilden die Grundlage für die Daten der ABDATA und damit der Apotheken-EDV.

Die Darreichungsformentabelle war Anfang 2013 erweitert worden; damals fürchteten die Kassen ein Durcheinander bei den angezeigten Rabattpartnern. Größere Probleme hat es seitdem aber nicht gegeben, zumal die IfA die Meldungen auch mit den Zulassungsunterlagen abgleicht. Die Kassen können bei ihren Ausschreibungen ohnehin für ein Fachlos mehrere Darreichungsformen aufrufen. Auch der G-BA arbeitet regelmäßig nach, welche Varianten gegeneinander substitutiert werden können.

Der GKV-Spitzenverband sieht dennoch Probleme. Da die korrekte Meldung Auswirkungen auf den Autausch von Arzneimitteln habe, sei zu vermuten, dass „sich einige pharmazeutische Unternehmen dadurch Wettbewerbsvorteile gegenüber Mitbewerbern erhoffen“, heißt es in dem Schreiben. „Das wird in Einzelfällen so auch unumwunden zugegeben, ist aber nicht akzeptabel.“ Durch eine fehlerhafte Meldung werde das betreffende Arzneimittel der Aut-idem-Regel oder den Rabattverträgen entzogen. Konkrete Beispiele werden nicht genannt.

Der GKV-Spitzenverband kündigt an, er werde „verstärkt die korrekten Angaben zu den Darreichungsformen prüfen“. Die Kassen werden aufgefordert, „Auffälligkeiten an uns zu melden“. Bei fehlerhaften Meldungen werde man von seinem „Korrekturrecht“ Gebrauch machen. Seit Inkrafttreten des AMNOG dürfen GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) fehlerhafte Angaben der Hersteller auf deren Kosten korrigieren. Bislang soll dies allerdings noch nie vorgekommen sein

Die Austauschbarkeit von Arzneiformen ist immer wieder ein Diskussionsthema. Für Aufsehen hatte vor einigen Jahren Lilly gesorgt: Der Originalhersteller hatte vor Patentablauf von Zyprexa (Olanzapin) von „Filmtablette“ auf „überzogene Tablette“ umgestellt. Die Kassen mussten eine Austauschbarkeit der Arzneiformen erst beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) durchzusetzen.

Fehlerhafte Meldungen häufen sich laut Schreiben auch im Zusammenhang mit dem Vertriebsstatus. „Im Vertrieb” bedeute, dass der Artikel im Markt „tatsächlich erhältlich“ sei und vom Anbieter „aktiv vertrieben“ werde, erläutert der GKV-Spitzenverband. „Außer Vertrieb“ sei ein Arzneimittel, wenn es vom Anbieter nicht mehr ausgeliefert werde. Werde ein Präparat aus Sicherheitsgründen zurückgerufen, sei es nicht mehr verkehrsfähig (NV).

„Marktstrategische Überlegungen oder Nachlässigkeiten bei marktunbedeutend gewordenen Artikeln rechfertigen keine fehlerhaften Angaben zum Artikelstatus“, mahnt der GKV-Spitzenverband.

2014 hatte der GKV-Spitzenverband vorgeschlagen, die Bereitstellung der Preis- und Produktinformationen als öffentlich-rechtliche Aufgabe unter die Fach- und Rechtsaufsicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zu stellen. Zur Begründung führten die Kassen an, dass Preis- und Produktdaten „auf Betreiben der pharmazeutischen Unternehmerverbände und Handelsstufen teilweise gegen die Interessen einzelner Unternehmer“ nicht sachgerecht dargestellt würden.

„Die Verwaltung der PZN und insbesondere der damit geschlüsselten Preis- und Produktinformationen hat inzwischen eine hoheitliche Bedeutung über die GKV hinaus und ist den kritischen IT-Infrastrukturen zuzurechnen“, hieß es in der Stellungnahme zum Pharmapaket.

„Es besteht ein dringendes öffentliches Interesse, das Management dieser Datenbank einer unabhängigen Instanz zu übertragen, behördlich zu überwachen und die Bereitstellung neutraler und ungefilterter Informationen für die Kostenträger und Leistungserbringer sicher zu stellen.“ Mit der öffentlichen Bereitstellung könnten zugleich „Informationsdefizite bei der Praxissoftware der Ärzte aufgefangen“ werden, so die Kassen weiter.

Mit dem E-Health-Gesetz wurden die Mediziner verpflichtet, im Rahmen der Verordnung von Arzneimitteln nur noch Software einzusetzen, die jeweils aktuelle Informationen aus den Preis- und Produktverzeichnissen enthält. Demnach wäre wie in den Apotheken der zweiwöchige Rhythmus maßgeblich. Zuvor wurde darüber gestritten, ob veraltete Daten in der Praxis-EDV das Risiko für Retaxationen von Apotheken begünstigen. Diesen Standpunkt vertraten neben Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) auch die Kassen.

Die Ärzte sahen dagegen das Problem in den Apotheken: Es sei anzunehmen, „dass die fehlende Zertifizierung von Apothekensoftware und damit die fehlende Verbindlichkeit der dort hinterlegten Funktionen und Informationen zum Rabattaustausch und zu den Vorgaben der Arzneimittel-Richtlinie mit ursächlich für Retaxationen ist“.

Anders als die Systeme der Ärzte, die durch die KBV zertifiziert werden, gibt es bei den Apotheken tatsächlich keine Vorgaben. Die ABDA hatte 2012 im Vorfeld der AMG-Novelle vorgeschlagen, dass Apotheken künftig nur noch mit zertifizierter Software arbeiten sollten. Damit sollte sichergestellt werden, dass Warenwirtschaftssysteme die gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben der Arzneimittelversorgung einhalten. Beim Deutschen Apothekertag 2014 wurde ein entsprechender Antrag von Kammer und Verband aus Sachsen abgelehnt. Die Softwarehäuser sehen angesichts des überschaubaren Marktes ohnehin keine Notwendigkeit.

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