Mabthera, Viread, Viagra, Humira, Petnidan – allein in diesem Jahr waren namhafte Präparate von Arzneimittelfälschungen betroffen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will nun die Aufsichtsbehörden stärken. Die sollen künftig bereits beim Verdacht auf eine Fälschung handeln und Rückrufe anordnen dürfen.
Schon heute dürfen die zuständigen Landesbehörden das Inverkehrbringen von Arzneimitteln und Wirkstoffen untersagen oder einen Rückruf anordnen. Diese Maßnahmen sind beschränkt auf bestimmte Fälle, etwa wenn die Medikamente nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wurden, nicht die nötige pharmazeutische Qualität aufweisen oder der begründete Verdacht besteht, dass sie schädliche Wirkungen haben.
Künftig sollen die Behörden bereits dann tätig werden dürfen, wenn „der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel handelt“. Das sieht eine im Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften geplante Änderung des Arzneimittelgesetzes (AMG) vor. Demnach dürfen die Landesbehörden beim Verdacht auf Fälschungen das Inverkehrbringen der Arzneimittel untersagen, ihren Rückruf anordnen und die Präparate sicherstellen.
Für zentral zugelassene Arzneimittel übernehmen diese Aufgabe die Bundesoberbehörden, also das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Wenn es zum Schutz der Gesundheit von Mensch oder Tier oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich ist, sollen sie das Ruhen der Zulassung oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen dürfen.
Im AMG ist bislang geregelt, dass gefälschte Arzneimittel weder in Verkehr gebracht noch gehandelt werden dürfen. Diese Vorgabe gilt unabhängig davon, ob die Qualität des betroffenen Arzneimittels beeinträchtigt ist oder nicht. Allerdings habe es Zweifel gegeben, ob ein Fälschungsverdacht auch für ein Tätigwerden der Behörden ausreiche, heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf.
Mit der Klarstellung soll für die Behörden der zusätzliche Aufwand entfallen, eine nicht ordnungsgemäße Herstellung, Qualitätsmängel oder schädliche Wirkungen zu prüfen und zu begründen. Die Änderung soll zudem sicherstellen, dass die Aufsicht auch dann Maßnahmen ergreifen kann, wenn weder Qualitätsminderung noch ein Verdacht auf schädliche Wirkungen vorliegt.
Analog sollen auch BfArM und PEI bereits beim Verdacht auf Fälschungen bei zentral zugelassenen Arzneimitteln tätig werden können. Dabei handele es sich in der Regel um mehrere Staaten übergreifende Sachverhalte, bei denen eine enge Abstimmung zwischen den europäischen Behörden, der Europäischen Arzneimittelagentur und der EU-Kommission erforderlich sei. „Diese Rolle können die Bundesoberbehörden schneller wahrnehmen als einzelne Landesbehörden“, heißt es in der Begründung.
In diesem Zuge bekommen die BfArM und PEI auch mehr Kompetenzen: In dringenden Fällen könne es sogar nötig sein, dass die Bundesoberbehörden „die erforderlichen Abwehrmaßnahmen gegen Fälschungen zentral zugelassener Arzneimittel selber triff“, heißt es in der Gesetzesbegründung.
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