Arnold: Lauterbachs Pläne sind Scheinreformen Lilith Teusch, 06.06.2024 18:48 Uhr
Während bei der Pressekonferenz der Abda Schweigen und Zurückhaltung herrschte, haben die Ärzteverbände und Mathias Arnold, Vizepräsident der Abda, heute gemeinsam klare Worte an den Minister gefunden. Die Verbände kritisieren scharf, dass das Gesundheitssystem in seinen bewährten Strukturen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in die falsche Richtung reformiert wird und appellieren unmissverständlich an ihn, in den Dialog mit denjenigen zu treten, die die Versorgung täglich gestalten.
Es bedürfe dringend unmittelbarer politischer Weichenstellungen, um vor allem die Niederlassung in eigenen Praxen und Apotheken zu fördern und so das bei Patientinnen und Patienten bewährte Gesundheitssystem zu erhalten, schreiben die Verbände. Andernfalls drohe die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung zunehmend zu schwinden. Die gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen würden die Arbeit der niedergelassenen Zahnärzteschaft und Ärzteschaft sowie der Apothekerinnen und Apotheker torpedieren.
Apotheken stärken
Die Apothekenzahl erreiche seit Jahren immer neue Tiefpunkte. Das bedeute für Patientinnen und Patienten immer längere Wege zum dringend benötigten Arzneimittel – auf dem Lande, aber auch in den Städten. Auch dieses Jahr seien massive Belastungen in den Apotheken mit ihrem anhaltenden Fachkräftemangel zu spüren – ob beim Management der vielen Lieferengpässe oder beim holprigen Start des E-Rezepts. Das Apothekenhonorar sei dagegen seit elf Jahren nicht angepasst worden, zuletzt habe es die Ampel-Koalition sogar gekürzt, betont Arnold.
„Minister Lauterbach weiß von diesen Problemen, kündigt aber nur Scheinreformen an. Seine Ideen bedeuten sogar Leistungskürzungen, wenn künftig statt vollwertiger Apotheken nur Arzneimittelabgabestellen gegründet werden sollen. Und durch eine Umverteilung statt einer Anhebung des Honorars werden noch mehr Menschen ihre Apotheke nebenan verlieren“, erklärt Arnold. Damit würden wichtige Leistungen weder überall noch für alle angeboten werden. „Die Apotheken müssten gestärkt und nicht kaputtgespart werden“, so Arnold.
Selbstständigkeit fördern
„Statt das Fundament unser aller Gesundheitsversorgung in Form von wohnortnahen Praxen und Apotheken zu festigen, ist Minister Lauterbach auf dem besten Weg, das gesamte Gebäude einzureißen“, erklärt Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. Eine Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung habe ergeben: Von fast 32.000 teilnehmenden Niedergelassenen hätten 70 Prozent der Ärztinnen und Ärzte angegeben, dass sie überlegen, aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen vorzeitig aus der Patientenversorgung auszuscheiden.
Die wohnortnahe, niedrigschwellige Versorgung durch Praxen und Apotheken sei eine der größten Errungenschaften unseres Gesundheitssystems. „Diese verlässlichen Strukturen sind nicht zuletzt wertvoller sozialer Kitt in einer Gesellschaft, die zunehmend auseinanderfällt. Sie sind das Sinnbild eines Versorgungsversprechens für die Menschen in diesem Land“, sagt Gassen. Das würden die Bürgerinnen und Bürger genauso sehen.
„Eine flächendeckende zahnärztliche Versorgung, wie es sie bislang gab, ist unter den aktuellen desaströsen politischen Rahmenbedingungen kaum noch zu gewährleisten“, betont Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV. Von dieser „versorgungsfeindlichen Gesundheitspolitik“ besonders betroffen sei die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie. Doch gerade die Früherkennung und Behandlung der Volkskrankheit Parodontitis seien wichtige Bestandteile zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, denen in keinem Fall die finanziellen Mittel gekürzt werden dürften, so Hendges.
Keine Staatsmedizin
Die Lösungsvorschläge der Selbstverwaltung für eine Versorgung im Sinne der Patientinnen und Patienten lägen auf dem Tisch und eine Reformbereitschaft ist gegeben. Wirklichkeitsfremden Versorgungskonzepten und „Staatsmedizin“ sei dabei eine klare Absage zu erteilen. Die drei großen Organisationen des Gesundheitswesens warnen eindringlich davor, dass sich die rund 84 Millionen Patientinnen und Patienten in Deutschland von einer hochwertigen und wohnortnahen sowie sozial gerechten Versorgung verabschieden müssten, wenn Lauterbach den gegenwärtig eingeschlagenen Weg weiterverfolgt. „Das wäre politisches Großversagen“, schließen die Verbände.