Vier Euro erhalten die Ärzte pro Jahr für die Ausfertigung des neuen schriftlichen Medikationsplans. Das ist ein Bruchteil dessen was verschiedene Krankenkassen für ihre Modellprojekte zum Medikationsmanagement zahlen. Bei ARMIN erhalten Apotheker und Ärzte im ersten Quartal für die Aufnahme der Medikation knapp 100 Euro. Die Knappschaft Bahn-See (KBS) zahlt sogar bis zu 160 Euro für ihren Medikationscheck. Dieses Honorar halten beide Kassen auch künftig für gerechtfertigt.
Bei ARMIN sei der elektronische Medikationsplan „ein Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck“, argumentiert die AOK Plus. Nur Medikationstransparenz – wie durch den Medikationsplan allein eventuell erreichbar – bedeute noch keine strukturierte Intervention und in der Regel keine Veränderung für die Patienten. „Daher verbietet sich ein Vergleich beider Eurobeträge“, so eine Sprecherin.
Ein vollständiger elektronischer Medikationsplan sei die Basis für die seit Juli ausgerollten ARMIN-Kernleistungen, nämlich Medikationsmanagement und Intervention bei Multimedikation gemäß Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Laut AOK-Sprecherin sind dies die eigentlichen pharmazeutischen beziehungsweise medizinischen Dienstleistungen, „die aufwendig sind und entsprechend honoriert werden“.
Im Unterschied zum gesetzlichen Medikationsplan könne nicht jeder Versicherte de AOK Plus bei ARMIN teilnehmen. Die Zugangskriterien seien verschieden. „Nicht jeder Patient, der gern einen Medikationsplan hätte, ist auch ein Kandidat für ein jeweils vergleichsweise aufwändiges und zeitintensives Medikationsmanagement“, so die AOK-Sprecherin.
Der rechnerische Honoraranteil „Erstellen/Führen des Medikationsplanes“ wäre auch bei ARMIN gering, „wenn es ihn denn gäbe“. Da die Dienstleistungen im Falle von ARMIN aber nicht trennbar seien, sondern aufeinander aufbauten, gebe es ein solches anteiliges Honorar jedoch nicht. Deshalb könne man ARMIN und den Medikationsplan mit seinem Honorar nicht vergleichen. „Sie vergleichen Äpfel mit Birnen.“
Auch die Knappschaft Bahn-See (KBS) sieht einen klaren Vorteil ihres sogenannten Medikationschecks, der seit 2012 in den Hausarztvertrag aufgenommen wurde. Beim Medicheck geht die Knappschaft auf Hausärzte zu, wenn sie feststellt, dass bei eingeschriebenen Versicherten aufgrund der aktuellen Medikation ein Hinweis auf eine Fehlversorgung gegeben ist. „Im Fokus stehen hierbei insbesondere Wechselwirkungen und falsche Dosierungen“, so die KBS.
Die Knappschaft benennt den Ärzten die Versicherten mit Problemen. Im Anschluss geht der Hausarzt auf die jeweiligen Versicherten zu und holt von diesen eine Teilnahme- und Einwilligungserklärung ein. Erst wenn der Knappschaft diese Erklärungen vorliegen, übermittelt sie die entsprechenden Verordnungsdaten mit Hinweisen auf die entsprechende Auffälligkeiten an den jeweiligen Hausarzt.
Zum Arzttermin bringt der Versicherte zudem seine OTC-Arzneimittel mit. Der Hausarzt bespricht mit dem Patienten die aktuelle Medikation und dokumentiert etwaige Verordnungsumstellungen. Falls geboten, nimmt er Kontakt zu anderen Ärzten auf, die ebenfalls Verordnungen für den jeweiligen Patienten ausgestellt haben.
Für den Medicheck erhält der teilnehmende Hausarzt 80 Euro. Nimmt er im Zusammenhang mit dem Medicheck Kontakt zu einem anderen Arzt auf und beträgt der Zeitaufwand für den gesamten Medicheck mehr als 240 Minuten, kann er 160 Euro abrechnen.
Dieses Verfahren verdeutliche, „dass sich der Medicheck wesentlich vom Medikationsplan unterscheidet“, so die KBS. „Der Aufwand beim Erstellen eines vertraglich vereinbarten Medikationschecks ist um ein Vielfaches höher als beim Erstellen eines Medikationsplanes, der eigentlich schon heute von jeder Arztpraxis erbracht werden sollte.“
Der Medicheck werde von der Knappschaft sehr gezielt eingesetzt, um auf festgestellte Fehlversorgungen zu reagieren und Hinweise an den verordnenden Arzt zu geben. Dies erkläre auch, weshalb seit Beginn des Vertragsmoduls bis zum heutigen Tag weniger als 10.000 Medichecks durchgeführt wurden. „Medichecks mit einem Honoraransatz in Höhe von 160 Euro kamen dabei so gut wie gar nicht vor.“
Bei den durchgeführten Medichecks wurde laut KBS festgestellt, dass die Verordnungsempfehlung in vielen Fällen zu einer Optimierung der Arzneimitteltherapie führte. „Insoweit erachten wir das Instrument des Medichecks als ein wertvolles Instrument für eine bessere Versorgung unserer Versicherten, das seinen Platz in der Versorgung auch neben dem Medikationsplan haben wird.“ Die KBS will am Medicheck festhalten.
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