ARMIN: Kein Anschluss wegen pDL Patrick Hollstein, 11.07.2022 12:50 Uhr
Die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) kommen, und in Sachsen und Thüringen sollen dafür die Erfahrungen aus dem Modellprojekt ARMIN („Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen“) genutzt werden. Doch das Modellprojekt ARMIN kann nicht nahtlos fortgesetzt werden, auch weil einige Details zu den pharmazeutischen Dienstleistungen noch unklar sind.
Das Modellprojekt ARMIN endete zum 30. Juni; die gesetzlich maximal mögliche Laufzeit von acht Jahren wurde damit komplett ausgeschöpft. Das gemeinsame Projekt der beiden Apothekerverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen sowie der AOK Plus sollte die sichere und korrekte Einnahme der Medikamente fördern und die Therapietreue von chronisch kranken Patienten verbessern. Der Medikationsplan sollte vor allem chronisch kranken Patienten helfen, die in der Regel mindestens fünf Medikamente einnehmen. Steigerungen bei den Arzneimittelkosten sollten gedämpft werden, indem Ärzt:innen nach Möglichkeit nur noch Wirkstoffe verordneten.
Die Teilnahme war freiwillig, insgesamt machten 527 Ärzt:innen (Sachsen: 242, Thüringen: 285), 874 Apotheken (Sachsen: 474, Thüringen: 400) sowie 6243 AOK-Versicherte (Sachsen: 3726, Thüringen: 2517) mit.
Die Projektpartner ziehen ein positives Resümee:
- Die Gesundheitskompetenz multimorbider Patienten sei durch intensive und interprofessionelle Betreuung im Armin-Medikationsmanagement verbessert worden.
- Bei der Auswahl der Arzneimittel hätten sich die Ärzte noch stärker auf evidente Standard- und Reservewirkstoffe orientiert.
- Die gemeinsame Bearbeitung eines elektronischen Medikationsplanes habe die Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern gefestigt.
Zum Start 2014 habe es weder den Bundeseinheitlichen Medikationsplan, noch vergleichbare Modellprojekte gegeben. „Die Erfahrungen mit ARMIN demonstrieren den Patientennutzen, wenn Ärzte und Apotheker bei der Arzneiverordnung zusammenarbeiten“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Eine wissenschaftlich unabhängig durchgeführte Evaluation habe die positiven Effekte bestätigt, detaillierte Ergebnisse sollen noch veröffentlicht werden.
Anschlussvereinbarung geplant
Aufgrund der guten Erfahrungen setzen sich die Projektpartner bereits jetzt für eine Anschlussvereinbarung ein. Angedacht ist auch eine Ausweitung des Patientenkreises über die AOK-Versicherten hinaus. Außerdem sollen perspektivisch auch weitere Leistungserbringer wie Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser von der Zugriffsmöglichkeit auf den neuen elektronischen Medikationsplan profitieren. „Die gemeinsame Nutzung eines jederzeit in der Telematikinfrastruktur verfügbaren, einheitlichen elektronischen Medikationsplanes, welcher sich durch tiefe Integration in die Primärsoftwaresysteme der Heilberufler praktikabel bearbeiten lässt, könnte so Teil des Versorgungsalltags werden“, so die Erklärung.
Kein nahtloser Übergang
Allerdings gibt es noch Hindernisse, wie Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender der AOK Plus, erklärt: „Es ist unser Anspruch, die positiv evaluierten Vertragsinhalte in einem Folgevorhaben außerhalb von Modellvorhaben fortzuführen, damit bei Patienten mit Mehrfachmedikation die Arzneimitteltherapie weiterhin optimiert werden kann. Da die fachlichen Anforderungen an den gesetzlichen elektronischen Medikationsplan genauso wie gesetzliche Rahmenbedingungen für Versorgungsverträge, zum Beispiel die Möglichkeit, bei den pharmazeutischen Dienstleistungen der Apotheken in den Regionen von den Bundesregelungen abweichen zu können, als Rahmenbedingungen immer noch nicht zur Verfügung stehen, kann das Versorgungsangebot aus ARMIN nicht lückenlos überführt werden.“
Ärzte und Apotheker als Partner
Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbandes (SAV), würde gerne zeitnah weitermachen: „Wir möchten auch nach Beendigung des Modellvorhabens unserer Vorreiterrolle im Medikationsmanagement gerecht werden und setzen uns auf Bundesebene dafür ein, dass der elektronische Medikationsplan auch zukünftig sektorübergreifend, das heißt gemeinsam von Arzt und Apotheke gepflegt wird.“
Laut Dr. Annette Rommel, Vorstandsvorsitzende der KV Thüringen, hat das Modellprojekt gezeigt, „dass die strukturierte Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern die Versorgung von Patienten mit Multimorbidität und Multimedikation entscheidend verbessern kann“.
ARMIN sei erfolgreich gewesen, weil man die digitale Vernetzung zwischen Arzt und Apotheker vorangebracht habe, lange bevor der Gesetzgeber entsprechende Regelungen getroffen habe, erklärt Striebel. „Wir haben den serverbasierten Medikationsplanaustausch umgesetzt und viele für die strukturierte heilberufliche Zusammenarbeit relevante Erfahrungen gesammelt. Gemeinsam haben wir Defizite im interprofessionellen Datenaustausch identifiziert und Lösungen entwickelt, so dass die Patienten von einer optimierten Versorgung profitieren konnten.“