Apothekertag: Spahn kommt mit zwei Angeboten APOTHEKE ADHOC, 09.10.2018 11:00 Uhr
Die Apotheker werden vor die Wahl gestellt: Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC kommt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) morgen mit zwei Angeboten zum Deutschen Apothekertag (DAT) nach München. Dem Rx-Versandverbot stellt Spahn eine Alternative an die Seite. Bei der ABDA ist man eher erleichtert, nicht vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
Die Debatte hatte die ABDA in der vergangenen Woche eröffnet: Bei der außerordentlichen Sitzung des Gesamtvorstands wurde die Tür aufgemacht für die Diskussion über einen Plan B: Bis zum 5. Dezember können die Mitgliedsorganisationen über Spahns Angebot diskutieren oder eigene Vorschläge entgegensetzen.
Dem Vernehmen nach enthält der Vorschlag das Angebot, dass die Apotheker Versorgungsverträge mit den Krankenkassen schließen dürfen. Erwartet wird, dass die Apotheker zusätzliche Leistungen anbieten können und dafür extra honoriert werden. Im Gespräch war auf Fraktionsebene die Möglichkeit, Impfungen in der Apotheke zu verabreichen sowie Folgerezepte für Chroniker auszustellen.
Möglicherweise wird Spahn auch einen Strukturfonds für die für flächendeckende Versorgung notwendigen Apotheken anbieten. Im Anschluss an Spahns Rede auf dem DAT soll der Apothekertag – zunächst sogar mit dem Minister – über die Vorschläge diskutieren. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt will seinen Lagebericht und Eingangsstatement entsprechend absichtlich kürzer halten als gewohnt.
Der geordnete Rückzug hatte sich bereits im Frühjahr angedeutet, als Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV) erstmals von Gleichpreisigkeit statt vom Rx-Versandverbot sprach. „Es geht um Gleichpreisigkeit und nicht um den Versandhandel“, sagte Becker beim Unternehmertag des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Vor dem EuGH-Urteil hätten die Apotheker mit dem Versandhandel bereits „ihren Frieden“ gemacht. „Gleichpreisigkeit ist unser Ziel“, so Becker.
Hinterher erklärte Becker, dass seine Äußerungen nicht als Abkehr vom Rx-Versandverbot zu verstehen seien. Dass er sich darüber nicht weiter erklärte, ließ den Schluss zu, dass es keine Beschlusslage innerhalb der ABDA gab. Diese holte sich die Spitze am vergangenen Donnerstag in geheimer Abstimmung ein. Vor allem die Verbände sollen den Ausschlag gegeben haben.
Den ganzen Tag lang hatten die Spitzen der Kammern und Verbände in Berlin getagt. Nachdem in den zurückliegenden Monaten mehrere Gespräche mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) geführt worden seien, habe man den Stand der Diskussion bewertet und weitere Schritte erörtert, hieß es auf der Website der ABDA. Der Gesamtvorstand habe seine Position bekräftigt, dass einheitliche Abgabepreise bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unerlässlich seien. „Ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Medikamente wird nach wie vor als das geeignete Mittel betrachtet, die Folgen des EuGH-Urteils zu bearbeiten und einheitliche Abgabepreise zu garantieren.“
Weiter hieß es: „Der Geschäftsführende Vorstand der ABDA hat aber weiterhin das Mandat, mögliche alternative Vorschläge mit den Verantwortlichen zu diskutieren und zu prüfen.“ Und zum Schluss: „Entsprechende Maßnahmen wären der ABDA-Mitgliederversammlung bis spätestens 5. Dezember 2018 zur Beschlussfassung vorzulegen.“
Den Ball zurück ins Spielfeld der Pharmazeuten zu spielen, würde zu Spahn passen, deuteten Beobachter die verklausulierte Ankündigung der ABDA. Den Apothekern läuft die Zeit davon: Nicht nur, dass man schon seit 2,5 Jahren, spätestens aber seit der Bundestagswahl über Alternativen hätte diskutieren können, ja müssen. Von „Panik“ war im Vorfeld des ABDA-Treffens die Rede.
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt selbst soll seinen Leuten am Donnerstag gesagt haben, dass die juristischen Aussichten für ein Rx-Versandverbot nicht gut sind. Aus den Mitgliedsorganisationen hörte man zuletzt überraschende Töne: Man müsse doch anerkennen, dass es in der sich digitalisierenden Gesellschaft keine Mehrheit für ein Rx-Versandverbot gebe. Verwiesen wurde darauf, dass die ABDA vor der Einführung des Versandhandels rund sechs Millionen Unterschriften dagegen in einer Kampagne mobilisieren konnte. Zuletzt waren es nur noch 1,2 Millionen. Auch die zähe Sammlung von 50.000 Unterschriften für die Online-Petition von Apotheker Christian Redmann sei alles andere als ein Beleg für großen Rückhalt der Verbotsforderung.
Außerdem seien die Apotheker im Zuge der letzten Wochen alles andere als geschlossen bei Spahn und seinem Abteilungsleiter Thomas Müller aufgetreten. MVDA, Kooperationsaptheker und andere haben unterschiedliche Botschaften ins BMG mitgebracht. Noch nicht einmal sicher ist sich die ABDA, wie die offene Diskussion auf dem DAT über ein Rx-Versandverbot und Alternativen ausgehen wird.